Florian Theißing, Cassini Consulting
Sabbatical bei Cassini

Mit dem Fahrrad nach Odessa  

2019 nahm sich Florian Theißing eine Auszeit vom Beraterleben. Sein Antrieb: zwei Pedale und die Lust auf ein Abenteuer. Einfach fahren, ohne großen Plan. Wie er zu diesem Entschluss kam, was er unterwegs erlebte und dass auch ein Sabbatical richtig anstrengend sein kann, das erzählt er im folgenden Interview.

Florian, wie kam es zu der Idee ein Sabbatical zu machen?
Naja, die Arbeit als Berater ist schön, aber auch anstrengend. Ich hatte einfach das Bedürfnis, mal viel Zeit zu haben, um den Kopf freizubekommen, etwas zu erleben, was in den normalen Urlaubsroutinen nicht so geht. Und: mal wieder meinen „anderen Seiten“, die im Berateralltag nicht so zum Tragen kommen, wieder mehr Platz einzuräumen. 

Wie lange vorher hast du das Sabbatical bei Cassini angekündigt und wie hat man dort reagiert?
Ich habe im Oktober 2018 angekündigt, dass ich ab April 2019 ein dreimonatiges Sabbatical nehmen will. Die Reaktion von Cassini war „Viel Spaß!“ Das fand ich klasse.

Erzähl uns doch ein bisschen mehr zu deiner Auszeit. Wo genau warst du und was hast du so erlebt?
Ich hatte lange hin und her überlegt, wie ich mein Sabbatical verbringen will: Eine große Reise? Oder doch einen Freiwilligeneinsatz? Oder etwas Neues lernen? Irgendwo hospitieren? Die Fülle der Möglichkeiten hat mich ehrlich gesagt etwas unter Druck gesetzt. Dann bin ich eines Morgens mit der Idee aufgewacht, mich auf mein Fahrrad zu schwingen und Richtung Osten loszufahren, ohne festen Plan und ohne klare Route, von Tag zu Tag, mit dem groben Ziel, vielleicht irgendwann in die Ukraine zu gelangen.

Und das habe ich dann auch gemacht – alleine, immer von Tag zu Tag sehen, wo es hingehen soll, bleiben wo es mir gefällt. Ich bin dann mit dem Fahrrad von Berlin über Wroclaw, Krakau, die Bieszczady bis an die polnisch-ukrainische Grenze geradelt. Da hatte ich dann ehrlich gesagt nach einer Woche mit klammen Klamotten im Dauerregen die Nase voll. Deprimiert in einem heruntergekommenen Hotelzimmer in Przemyśl war ich kurz davor abzubrechen. Dann hab ich mir gesagt: „Fuck it, jetzt bist du schon so weit gekommen!“, und bin dann mit dem Zug weiter nach Lemberg – eine phantastische Stadt und schließlich noch bis nach Odessa ans Schwarze Meer.

Die ganze Reise war eine irre intensive Zeit mit vielen Begegnungen mit tollen Menschen, die ich so nie kennengelernt hätte – Studenten in einem Cafe in Wroclaw, die versuchten, mich mit den Feinheiten der polnischen Sprache und den Komplexitäten der polnischen Politik vertraut zu machen; die Zechergruppe an einer Tanke in Bosz, die einfach nicht verstehen konnte, wie jemand in meinem Alter so bescheuert sein kann, seine Familie zurückzulassen, um im Regen durch Südpolen zu radeln („Du weißt schon, dass man hierher auch mit dem Zug fahren kann?“); Die Webdesignerinnen auf dem Marktplatz in Lemberg, die sich überlegten, ob sie nach New York oder Barcelona auswandern oder doch in Lemberg bleiben; der wilde junge Mann in Odessa, der von seiner Freundin überredet werden musste, mir die Kamera zurückzugeben, nachdem er ein Foto von mir gemacht hatte.

Das Ganze in einer unglaublich spannenden Region, die einerseits mit ungeheurer Dynamik auf dem Weg  in die Zukunft ist, in der andererseits die blutige Geschichte des 20. Jahrhunderts überall noch total präsent ist. 

Fahrrad
Eine Radtour wie keine andere.
Fahrradtour im Regen
Regen ist mein ständiger Begleiter in Ostpolen.
Kattowitz
Kattowitz – Zeugnisse der früheren Schwerindustrie
Zechengelände
Auf dem ehemaligen Zechengelände schlägt das neue kulturelle Herz.
Lemberg
Lemberg von oben: viel Grün, viel österreichischer Klassizismus
Kulturelle Vielfalt
Die Ladenbeschriftung zeugt noch von kultureller Vielfalt.
Schwarzes Meer
Geschafft – mit beiden Beinen im Schwarzen Meer
Odessa
Odessa ist ein Mix aus Paris und Istanbul, mit einem großen Schuss ganz Eigenem.
Das Kloster St. Pantaleon in Odessa
Das Kloster St. Pantaleon in Odessa

Was hat sich nach dem Sabbatical für dich verändert?
Ich bin erst einmal ungeheuer dankbar, dass ich eine so intensive Erfahrung machen durfte. Die Fahrt hat meine Perspektive auf jeden Fall geweitet. Ich halte mich schon für einen relativ aufgeklärten Menschen, aber meine Fahrt war gewissermaßen vom Geräusch zerplatzender Vorurteile begleitet. Und ich habe mich am Ende wieder sehr auf die Arbeit gefreut.

Wenn du dein Sabbatical mit drei Hashtags beschreiben solltest, wie lauten sie?
#einfachlos
#staunen
aber auch #einsamkeit

Würdest du es wieder tun?
Unbedingt! Vielleicht aber nicht mehr die ganze Zeit alleine.

Hast du einen Tipp für diejenigen, die noch überlegen, ob sie ein Sabbatical machen sollen?
Klar: Macht es unbedingt und folgt eurem Bauchgefühl!

Florian, ganz herzlichen Dank für diesen Einblick.

Das Sabbatical-Programm von Cassini

Ob für Reise, intensive Familienzeit oder Weiterbildung – Cassinis können sich eine Auszeit vom Berateralltag für eine Dauer von bis zu sechs Monaten nehmen. Dafür sorgt ein spezielles Angebot, das seit 2013 unseren Beratern viel Freiraum bietet und sie dabei finanziell absichert. Erfahrene Beraterpersönlichkeiten, die seit mindestens drei Jahren erfolgreich bei Cassini an Bord sind, können an dem Sabbatical-Programm teilnehmen.

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