Dieses Kapitel versteht sich als Empfehlung für eine erfolgreiche Antrittsphase eines/ einer Nachhaltigkeitsverantwortlichen und ist zugleich ein Appell an die Unternehmensführung, das organisatorische und kulturelle Feld für die neue Funktion zu bereiten. Ein wichtiger Indikator für die ersten 100 Tage ist und bleibt Performance. Um diese dauerhaft sicherzustellen, ist es für eine/n Nachhaltigkeitsmanager:in unerlässlich, sich ein gutes internes und externes Netzwerk aufzubauen.
Wirken als Leader
Es gelingt weit einfacher, positiven Wandel zu bewirken, wenn man einen guten Kontakt zu den internen „Meinungsmachenden“ hat und ein stabiles System von Unterstützenden in anderen Organisationseinheiten für die gemeinsame Sache weiß. Auch der regelmäßige Austausch mit der Geschäftsführung muss sichergestellt sein. Kontakte zu anderen Unternehmen oder Nachhaltigkeitsverantwortlichen helfen, um aus den Erfahrungen Dritter zu lernen und Beispiele guter Praxis auf das eigene Unternehmen zu übertragen. Gerade im Austausch mit Führungskräften ist es wichtig, Erwartungshaltungen beidseitig zu klären. Nachhaltigkeitsmanager:innen sollten Awareness dafür schaffen, dass sie in erster Linie eines sind: Enabler, die das Potenzial, das die jeweilige Organisation an Wandlungsfähigkeit zu einem Mehr an Nachhaltigkeit in sich trägt, ausschöpfen und in planvolle und messbare Maßnahmen überführt. Insbesondere bei externer Besetzung der Position muss darauf geachtet werden, dass ein Verständnis für die spezifische Unternehmenskultur entwickelt wird. Gesucht werden keine Missionare, sondern dialogorientierte Möglichmacher, Menschen, die die Herausforderungen, die die Organisation im Kontext der Nachhaltigkeit sieht, verstehen und gemeinsam Lösungen entwickeln wollen.
Wirken als Expert
Neben dem Ankommen in der neuen Rolle darf eine Analyse des Status quo nicht fehlen. Welche Programme und Guidelines existieren? Von welchen Gesetzen und Richtlinien ist das Unternehmen betroffen oder wird in naher Zukunft betroffen sein? Sind die spezifischen unternehmerischen Nachhaltigkeitsherausforderungen und die Abläufe innerhalb der Organisation grundsätzlich verstanden, ist es wichtig, ein positives Momentum zu schaffen und Quick-Wins zu identifizieren. Beispiele hierfür könnten ein Code-of-Conduct oder entsprechende Leitlinien sowie der Beitritt in einen industrienahen Verband sein, der sich für das Thema Nachhaltigkeit einsetzt. Zudem sollte mit der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsvision bzw. -strategie begonnen werden, sofern diese noch nicht vorhanden sind. Dies kann – je nach Unternehmensgröße, Branche etc. – unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen, jedoch sollte unbedingt darauf geachtet werden, hier auch Mitarbeitende einzubeziehen. Vor allem die Führungsebene ist hier eine besonders wichtige Stakeholdergruppe.
Wirken als Change Agent
Falls sie noch nicht existiert, sollte eine Community aufgebaut werden, die daran interessiert ist, das Unternehmen nachhaltig(er) aufzustellen („Betroffene zu Beteiligten machen“). Des Weiteren hilft ein kurzes Trainingsformat für alle Mitarbeitenden, welches auf Unternehmen und Industrie zugeschnitten ist. So können die Awareness für das Thema gesteigert und sowohl das „Warum“ als auch das „Was springt für mich dabei heraus“ vermittelt werden.
Wirken als Kommunikator
Neben internen Verbündeten sollten auch die zentralen externen Anspruchsgruppen identifiziert und eingebunden werden. Hier gilt es herauszufinden, wie beispielsweise Kunden, Lieferanten oder auch wichtige regionale Akteure in puncto Nachhaltigkeit auf das Unternehmen schauen. Entsprechend zusammengesetzte Fokusgruppen können Ansatzpunkte sein. Um in einen Austausch mit externen Verbündeten zu kommen, haben sich neben Interviews auch innovative Formate wie Kundenarenen oder World Cafés bewährt gemacht. Dr. Mathias Nell weiß: „Wer glaubt, dass alle nur auf einen gewartet haben, irrt. Sich und seine Aufgabe erklären, den Mehrwert deutlich machen und schnell Probleme für und mit anderen lösen, das ist aus meiner Sicht essenziell.“