Transformation zu ITIL 4
IT Service Management

So gelingt Ihre Transformation zu ITIL 4

Die Information Technology Infrastructure Library (ITIL) ist ein bewährtes Rahmenwerk für das IT Service Management (ITSM) und dient als maßgebliches Tool zur Optimierung von IT-Prozessen. Um auch den Anforderungen einer sich ständig verändernden IT-Landschaft gerecht zu werden und eine bessere Integration mit agilen und DevOps-Praktiken zu ermöglichen, wurde ITIL 4 entwickelt. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie den Wechsel von ITIL v3 zu ITIL 4 in Ihrer Organisation durchführen können. Dabei konzentrieren wir uns auf erprobte Methoden und Best Practices, um sicherzustellen, dass Ihre ITSM-Prozesse in saubere Praktiken überführt werden und einen Mehrwert für Ihr Unternehmen bieten.

Worin liegen die Unterschiede zwischen ITIL v3 und ITIL 4?

Bevor Sie die Transformation beginnen, ist es entscheidend, die Hauptunterschiede zwischen den beiden Versionen zu verstehen. ITIL 4 basiert auf den Kernprinzipien von ITIL v3, hat jedoch einige wesentliche Erweiterungen und Verbesserungen erhalten:

  • Das Vier-Dimensionen-Modell: ITIL 4 erweitert das bisherige Service-Lifecycle-Modell um vier Einflussfaktoren, welche die Perspektiven der Organisation und des Menschen, der Information und Technologie, der Partner und Lieferanten sowie des Wertstroms und der Prozesse integriert.
  • Service Value System (SVS): ITIL 4 führt das SVS ein, welches eine End-2-End-Betrachtung der Serviceerbringung darstellt und die Interaktionen zwischen den Komponenten wie Guiding Principles, Practices, Governance, Service Value Chain und Continual Improvement ermöglicht.
  • Practices: Während ITIL v3 26 Prozesse definierte, fokussiert sich ITIL 4 auf 34 Praktiken. Diese sind flexibler und können in verschiedenen Kontexten angepasst werden. Hierbei wurden zum Teil die Bezeichnungen von ITIL-v3-Prozessen für die eindeutige Zuordnung umbenannt, einige wurden neu definiert, andere wiederum haben inhaltliche Anpassungen erhalten.
Übersicht ITIL4-Praktiken

Die Hauptunterschiede liegen somit im Scope. Während ITIL v3 noch auf den Lebenszyklus ausgerichtet ist, fokussiert sich ITIL 4 im Wesentlichen auf das Wertesystem, das eine Organisation aufbaut. Dieses beschreibt alle Komponenten und Aktivitäten einer Organisation, die gemeinsam als ganzheitliches System wirken, um Werte oder einen Nutzen für das Unternehmen zu schaffen.

Vom IT-Betrieb zur ganzheitlichen Betrachtung

Reifegrad der aktuellen ITIL-v3-Implementierungen

Wie ausgereift ist Ihre ITIL-v3-Landschaft? Bevor Sie eine Transformation auf ITIL 4 beginnen, müssen Sie eine gründliche Bewertung des aktuellen ITIL v3-Implementierungsstatus durchführen. Dabei sollten Sie auf folgende Schritte achten:

  1. Identifizieren Sie Stärken und Schwächen: Ermitteln Sie, welche Prozesse effektiv sind und welchen Optimierungspotenziale vorweisen.
  2. Analysieren Sie Ihr Zielbild: Erheben Sie, wie sich die ITIL 4-Transformation auf Ihre Organisation im Ergebnis auswirken soll, einschließlich Abläufen, Ressourcen, Kosten und Zeitrahmen.
  3. Binden Sie wichtige Stakeholder ein: Befragen Sie alle relevanten Interessengruppen in Ihrer Organisation, um eine umfassende Übersicht über die Bedürfnisse und Erwartungen zu erhalten.

Design und Tailoring eines Transformationsplans

Basierend auf den Ergebnissen der Bewertung können Sie nun einen maßgeschneiderten Transformationsplan entwickeln. Hierbei sollten Sie auf folgende Elemente eingehen:

  • Abläufe: Definieren Sie klare und messbare Ziele wie zum Beispiel die konkrete Anpassung der Abläufe in diversen Praktiken. Dies könnte die Verbesserung der Servicequalität, die Steigerung der Kundenzufriedenheit oder die Einführung agiler Arbeitsmethoden umfassen.
  • Ressourcen: Identifizieren Sie die erforderlichen Ressourcen, einschließlich Personal, Schulungen und Tools, die für eine erfolgreiche Transformation benötigt werden.
  • Kosten: Realisieren Sie Einsparungen durch Transparenz. Bekannte Arbeitsschritte haben weniger den Bedarf an zeitaufwändiger Klärung und somit das Potenzial, Kosten einzusparen.
  • Zeitplan: Legen Sie einen realistischen Zeitplan fest, der die Durchführung der Transformation in überschaubaren Phasen ermöglicht.

Tailoring bedeutet hier auch, dass Sie die Theorie des ITIL-4-Rahmenwerks in Ihre Organisation adaptieren müssen. Wie in unseren vorherigen Artikeln bereits erwähnt, ist jede Organisation individuell, sozusagen einzigartig. Sie können nicht die Theorie 1:1 übernehmen, stattdessen müssen Sie die Vorgaben des Rahmenwerks auf die Gegebenheiten ihrer Organisation zuschneiden.

Schulung und Sensibilisierung

Eine erfolgreiche Transformation erfordert ein umfassendes Training aller Mitarbeitenden, die mit ITIL-Prozessen arbeiten. Es ist wichtig, dass Ihr Team die Unterschiede zwischen ITIL v3 und ITIL 4 versteht und die neuen Praktiken und Konzepte effektiv anwenden kann.

Hierfür sind folgende Schritte unerlässlich:

  1. Schulungsbedarf analysieren: Identifizieren Sie den Schulungsbedarf für alle betroffenen Mitarbeitenden und legen Sie fest, welche Weiterbildungsmaßnahmen benötigt werden, um ihre Kompetenzen zu erweitern.
  2. Schulungsplan erstellen: Entwickeln Sie einen detaillierten Schulungsplan, der die verschiedenen Schulungsmethoden und -ressourcen berücksichtigt und stimmen Sie diese mit den verantwortlichen Vorgesetzten der Mitarbeitenden ab. Es können unterschiedliche Schulungsmethoden bedarfsgerecht eingesetzt werden, z.B. Inhouse Trainings, externe Schulungsanbieter oder Webinare.
  3. Sensibilisierungskampagne: Starten Sie frühzeitig eine Sensibilisierungskampagne, um das Bewusstsein für die Bedeutung der Transformation zu schärfen und die Unterstützung der Mitarbeitenden zu gewinnen. Bei nicht bekannten Vorhaben stößt man in der Regel auf Widerstand. Informieren Sie daher alle Betroffenen rechtzeitig über die bevorstehende Transformation. Gehen Sie insbesondere auf die Frage „warum“ ein, denn für eine erfolgreiche Transformation müssen die betroffenen Mitarbeitenden die Gründe der Umstellung verstehen.

Wie Sie mit der Organisational-Change-Management-Praktik die Bedenken Ihrer Mitarbeitenden beseitigen, sie begeistern und anhand dieser die ITIL-4-Transformation erfolgreich durchführen können, lesen Sie im nächsten Teil unserer Artikelreihe.

Step by Step: Umsetzung der Transformation

Eine schrittweise Umsetzung ermöglicht es Ihrer Organisation, die Auswirkungen der Transformation zu bewältigen und mögliche Risiken zu vermeiden. So sollten Sie vorgehen. 

  1. Starten Sie einen Piloten: Beginnen Sie mit einem Pilotprojekt, um die neuen ITIL-4-Praktiken in einem begrenzten Umfang zu testen und wertvolles Feedback zu sammeln. Suchen Sie sich ein ITIL-v3-Prozess aus, der einen hohen Reifegrad hat und dessen Umfang übersichtlich ist. 
  2. Implementieren Sie schrittweise: Führen Sie die Transformation in überschaubaren Phasen durch, um sicherzustellen, dass Ihre Teams ausreichend Zeit haben, sich an die Veränderungen anzupassen. Kombinieren Sie hierbei zusammenhängende ITIL-v3-Prozesse wie z.B. Incident und Problem Management oder Release und Deployment Management. Da diese Prozesse sehr eng miteinander zusammenhängen, wird sich die ganzheitliche Betrachtung bei der Transformation positiv auswirken.
  3. Erfassen Sie kontinuierlich Feedback: Richten Sie gängige Feedback-Kanäle ein und animieren Mitarbeitende zur Rückmeldung. Das Feedback hilft, die Transformation zu optimieren und die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern. 

Überwachung und kontinuierliche Verbesserung

Die Transformation ist ein kontinuierlicher Prozess. Nach der Umsetzung ist es wichtig, den Fortschritt zu überwachen und kontinuierliche Verbesserungen vorzunehmen:

  • Messen Sie die Performance: Definieren Sie klare Leistungskennzahlen, um den Erfolg der Transformation zu bewerten und sicherzustellen, dass die gesteckten Ziele erreicht werden. Insbesondere die vor- und nachgelagerten Leistungen eines Prozesses machen die Zielerreichung bei der Transformation zu ITIL 4 aus. Die Prozessbeschreibungen können Sie in der Regel aus der ITIL-v3-Welt übernehmen.
  • Gehen Sie iterativ vor: Unterteilen Sie die großen Arbeitspakete in kleinere, übersichtlichere Schritte, die Sie nacheinander erfolgreicher umsetzen können. Dies vereinfacht die Umsetzung und steigert Akzeptanz durch Ihre Mitarbeiter, da die Aufgaben dadurch leichter nachvollziehbar sind.
  • Nutzen Sie Feedbackschleifen: Implementieren Sie eine Feedbackschleife, um anhand des Feedbacks von den Mitarbeitenden eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse zu etablieren.
  • Schaffen Sie Transparenz: Nehmen Sie auf Grundlage der gesammelten Daten und des Feedbacks gegebenenfalls Anpassungen am Transformationsplan vor. Machen Sie Feedbacks und Rückschläge in der Transformation transparent und praktizieren Sie Lessons learned.

Zusammenfassung

Die Transformation von ITIL v3 zu ITIL 4 ist ein anspruchsvoller, aber notwendiger Prozess, um Ihre IT-Service-Management-Praktiken auf dem neusten Stand zu halten und die Anforderungen einer sich wandelnden IT-Landschaft zu erfüllen. Indem Sie die Unterschiede verstehen, einen maßgeschneiderten Transformationsplan erstellen, Mitarbeitende schulen und die Umsetzung schrittweise durchführen, können Sie eine erfolgreiche Transformation sicherstellen. Mittels einer kontinuierlichen Überwachung und Verbesserung gewährleisten sie, dass Ihre Organisation die Vorteile von ITIL 4 voll ausschöpft und so den Kundenservice kontinuierlich verbessert.

Artikel von:
Teresa Eppinger, Cassini Consulting
Teresa Eppinger
Senior Consultant
Harun Bas, Cassini Consulting
Harun Bas
Senior Consultant
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