Jan Frohloff, Ahorn AG
Interview mit Jan Frohloff

„Statt große Veränderungen auf einmal anzugehen, bevorzugen wir einen iterativen Ansatz.“

In unserer Interviewreihe zum Thema IT-Kostentransparenz hat Lizette Reinhardt mit Jan Frohloff gesprochen. Er ist IT-Leiter der Ahorn Gruppe, die unter ihrem Dach mehr als 80 Bestattungsmarken versammelt. Es geht um Budgets und Kostenstruktur, um die Zusammenarbeit mit Fachbereichen und die Rolle als Innovationstreiber. In den kommenden Wochen folgen weitere CIO-Interviews.

Lieber Herr Frohloff, Sie hatten im Vorgespräch schonmal anklingen lassen, dass Sie grundsätzlich sehr zufrieden mit ihrem IT-Budget sind. Wie stellen Sie das in Gänze sicher, auch vor dem Hintergrund, dass die Ahorn Gruppe ein sehr traditionell geprägtes Unternehmen ist?

Die zentrale Frage, die wir uns jedes Jahr im Planungsprozess stellen, ist simpel aber von grundlegender Bedeutung: Wo sollten wir sinnvoll investieren? Welche Schwerpunkte sollten wir neben den laufenden Kosten setzen? Zur Beantwortung dieser Fragen nutzen wir zwei bewährte Methoden: Zum einen verfolgen und priorisieren wir Zukunftsthemen mithilfe eines zentralen Projektmanagements. Dadurch können wir Aufgaben, Projekte und Kosten klar zuordnen und gezielt angehen. Zum anderen gibt es Zukunftsthemen, die trotz ihrer Losgelöstheit vom Tagesgeschäft angegangen werden müssen. In solchen Fällen bewertet das Management, ob eine Investition ohne direkten Ertrag gerechtfertigt ist oder ob das Thema auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden sollte.

Stellen Sie über diese Methodik auch sicher, dass dann ein entsprechender Budgetanteil für Innovationen und Weiterentwicklungsprojekte geplant wird?

In der IT müssen Budgetanträge oft nicht eigenständig gestellt werden, sondern ergeben sich aus den Projekten oder Dialogen, die wir im Management führen. Dabei stellen wir uns Fragen wie: Was soll erreicht werden? Wer ist beteiligt? Und welche technischen sowie organisatorischen Aspekte sind zu beachten? Meine Rolle besteht darin, technische Inputs zu liefern, wie etwa die benötigte Serverkapazität oder die Einsatzmöglichkeiten bestimmter Technologien.
Dies führt zu einer detaillierten Kostenstruktur, die kontinuierlich überprüft wird. Wir vergeben selten globale Budgets für Projekte, sondern gehen eher in kleinen, iterativen Schritten vor. So können wir den Fortschritt kontrollieren und bei Bedarf Anpassungen vornehmen.
Wir führen regelmäßig halbjährliche oder sogar quartalsweise Reviews für große Projektteams durch, um den Stand der Dinge zu besprechen, die Kosten zu evaluieren und über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Dabei werden auch kleine Mehrwertanalysen durchgeführt, um sicherzustellen, dass wir unsere Ziele erreichen und gegebenenfalls weitere Ziele identifizieren können. Gelegentlich ergeben sich auch Nebeneffekte, die in die Entscheidungsfindung einfließen.

Inwiefern sind Projektmanager direkt involviert und wie wird Transparenz auf tieferen Ebenen gewährleistet?

Unsere Gruppe von Projektmanagern war aktiv an der Entwicklung dieses Prozesses beteiligt. Sie haben auch das Reporting aus den Projekten mitgestaltet, um es in ihrer Sprache und Perspektive zu gestalten. In regelmäßigen Dialogen werden seither unterschiedliche Standpunkte ausgetauscht, was zu einer angeregten Diskussion führt. Dabei sind nicht alle immer einer Meinung, was auch nicht ungewöhnlich ist. Dennoch können in der Regel klare Folgeschritte abgeleitet werden.

Nehmen Sie hier aktuell einen stärkeren Kostendruck wahr und wenn ja, wie gehen Sie damit um? Und wie steuern Sie gegen, damit trotz erhöhter Kosten die Mehrwerte im Fokus bleiben?

Wir nehmen insbesondere extern steigenden Kostendruck wahr, beispielsweise durch die Erhöhung von Lizenzgebühren. Diese Kostensteigerungen betreffen uns alle und erfordern eine Gesamtkostenbetrachtung, um sicherzustellen, dass sie im Rahmen bleiben. Möglicherweise müssen wir an anderer Stelle Einsparungen vornehmen, um dies zu ermöglichen. Wir betrachten die Gesamtkostenperspektive, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Unser Lösungsansatz besteht darin, zu evaluieren, ob die angestrebten Ziele noch angemessen sind und ob die derzeitigen Mittel dafür geeignet sind. Im Falle von Microsoft-Lizenzen prüfen wir beispielsweise Alternativprodukte, obwohl diese in der Regel nicht gleichwertig sind. Letztendlich müssen die Kosten hierbei abgewogen und im Zweifelsfall auch getragen werden.

Das bedeutet, Sie gehen dabei immer wieder iterativ vor, um herauszufinden, wie Sie kosteneffizient gestalten können. Dabei liegt der Fokus nicht unbedingt nur auf Kostenreduktion, sondern darauf, zu schauen, wo es sinnvoll ist, Geld zu investieren, und welchen Mehrwert dies bringt.

Ja, so ist es.

Wir haben zuvor besprochen, dass die IT in Ihrem Unternehmen als Treiber für Digitalisierung und Innovation fungiert. Könnten Sie kurz erläutern, wie es dazu kam und wie Sie als IT-Abteilung diesen kontinuierlichen Prozess umsetzen, ohne die Kosten zu stark zu belasten?

Obwohl unsere Kosten insgesamt steigen, ist das Kerngeschäft der Bestattung stabil und planbar und wird in der Regel nicht stark durch externe Innovationen verändert. Wir als IT begleiten unsere Kollegen seit vielen Jahren und haben ein tiefes Verständnis für ihre operativen Prozesse entwickelt. Oftmals eröffnen wir den Kolleginnen und Kollegen noch einen neuen Blickwinkel, da wir einen analytischen und technischen Blick auf die Prozesse haben. Durch diesen langjährigen Dialog können wir technische Optimierungsvorschläge machen, da wir uns intensiv mit Technologie beschäftigen. Wir tauschen uns auch regelmäßig mit ähnlich großen Mittelständlern aus anderen Branchen aus, um digitale Herausforderungen und Optimierungsmöglichkeiten zu vergleichen.
Unsere Unternehmensgröße von knapp 1.300 Mitarbeitenden ermöglicht es uns, einen partnerschaftlichen Austausch auf Geschäftsführungsebene zu pflegen, um gemeinsame Werte zu identifizieren und umzusetzen.

War das Mehrwert-orientierte Denken auch aus den Fachbereichen schon immer da oder mussten Sie das als IT nochmal treiben? Wie sind Sie da vorgegangen?

Unsere Branche ist nicht von Natur aus eine treibende Kraft für digitale oder IT-Innovationen. Es sind einzelne Akteure, die Potenzial erkennen, sei es intern oder externe Anbieter, die versuchen, Lösungen anzubieten.

Der schwierigste Teil liegt darin, Verständnis aufzubauen und im Dialog zu bleiben, um Menschen davon zu überzeugen, dass neue Lösungen einen Mehrwert bieten können. Es erfordert eine gründliche Detailarbeit, um die Akzeptanz für digitale Lösungen zu fördern. Aber der Trend ist sichtbar: Die zentral angebotenen digitalen Lösungen werden mehr geschätzt und genutzt.

Dieser Prozess ist langfristig und beinhaltet viele kleine Schritte, anstatt schnelle Erfolge zu erzielen.
Durch einen engen Austausch haben wir Unterstützer gewonnen, die die Vorteile erkennen und sich gegenseitig motivieren. Dieser kollegiale Zusammenhalt hilft uns dabei, den digitalen Wandel voranzutreiben.

Wie nehmen die Fachbereiche die IT hinsichtlich der Kosten und Innovationsbereitschaft war?

Wir müssen uns regelmäßig erklären, warum bestimmte Dinge teuer sind. Allerdings verteidigen wir uns nicht mehr nur gegen Vorwürfe, sondern haben eine transparentere Darstellung unserer Aktivitäten erreicht. Ein wesentlicher Teil unserer Antwort liegt darin, dass unser Kerngeschäft, die Bestattungsbranche, auf Wachstum angewiesen ist. Unsere Kundenbasis bedienen wir mit unseren Dienstleistungen einmalig. Folglich ist die Verbreiterung unserer Aufgabenfeldes sowie des Bekanntheitsgrades unseres Unternehmens zentral. Dies führt zu einer zunehmenden Komplexität unserer Aufgaben. Was früher für drei Filialen in einem Ort ausreichend war, ist für 30 Filialen in zehn Orten nicht mehr praktikabel. Oft sind es auch die Beschäftigten vor Ort, die auf die Notwendigkeit von effizienteren Lösungen hinweisen.
Durch den regen Austausch im Team finden wir in der Regel funktionierende Lösungen. Die Arbeitsfähigkeit muss dabei auf einem hohen Niveau bleiben, auch wenn zunächst Mehraufwand entsteht, sowohl in Bezug auf Kosten als auch auf Prozesse. Auf mittlere und lange Sicht ergeben sich klare Mehrwerte aus diesen Anpassungen. Für uns ist ein ausführlicher Dialog essenziell, um die Gründe für Entscheidungen und die damit verbundenen Kosten zu erklären. Ein aktuelles Beispiel ist die Umstellung auf VoIP. Obwohl dies hauptsächlich den Anbietern zugutekommt, war die Umstellung unvermeidlich. Trotz einiger Bedenken wurde verstanden, dass diese Veränderung gemeinsam angegangen werden musste.

Wie würden Sie anderen IT-Entscheider:innen in ähnlichen Situationen raten, in denen sowohl steigender Kostendruck als auch die Anforderung nach digitalen Innovationen von Dienstleistern zunehmen?

Natürlich gibt es kein Patentrezept, aber wie bereits erwähnt, ist es entscheidend, im ständigen Austausch mit den Geschäftspartnern zu bleiben, um gemeinsam passende Lösungen zu entwickeln, die dem konkreten Geschäftsfall entsprechen. Dies bildet eine solide Grundlage, um Experimente zu wagen, ohne die Angst vor Misserfolg zu haben. Manche Dinge müssen einfach ausprobiert werden, um daraus zu lernen und sich zu verbessern.
Der Hauptzweck unserer IT liegt darin unser Kerngeschäft zu unterstützen. Wenn unsere Kolleginnen und Kollegen nicht durch die IT eingeschränkt werden, können sie effektiver arbeiten, was letztendlich allen zugutekommt. Daher setzen wir klare Ziele, die messbar und steuerbar sind und gemeinsam vereinbart werden. Statt große Veränderungen auf einmal anzugehen, bevorzugen wir einen iterativen Ansatz in kleinen, vernünftigen Schritten. Dadurch wird das Scheitern weniger problematisch, da kleine Fehler weniger gravierend sind.

Das Ziehen am gleichen Strang ist wichtig. Gibt es dazu Ihrerseits noch etwas, das Sie mit uns teilen möchten?

Abschließend möchte ich betonen, dass klare und verbindliche Kommunikation immer hilfreich ist, unabhängig von der reinen Kostensicht. Es ist wichtig, auch unangenehme Themen anzusprechen, um sie konstruktiv anzugehen. Dabei sollten wir sowohl unsere eigene IT als auch die Fachbereiche ernst nehmen und mitnehmen. Diese Herangehensweise hat sich über viele Jahre bewährt und ist der richtige Weg. Mein Rat lautet daher, sich stärker auf die Menschen zu konzentrieren. Auch in der Digitalisierung und IT dürfen wir den menschlichen Faktor nicht aus den Augen verlieren.

Das ist ein schönes Abschlusswort. Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Frohloff.

Jan Frohloff, Ahorn Gruppe

Zur Person: Seit 2017 verantwortet Jan Frohloff die IT bei der Ahorn Gruppe. Dabei brachte der Wirtschaftsinformatiker langjährige Erfahrungen aus verschiedenen Stationen als IT-Systemadministrator, IT-Manager und IT-Leiter ein. Das aktuelle Aufgabengebiet der IT innerhalb der Ahorn Gruppe beinhaltet den Service Desk für die Lösung alltäglicher Problemstellungen, die Administration für die Verwaltung und Weiterentwicklung der komplexen Infrastruktur und eine eigene Software-Entwicklung für Bestatter-spezifische Eigenentwicklungen. Ergänzt durch Projektmanagement- und Governance-Ressourcen beträgt die Abteilungsstärke derzeit 21 Köpfe. Über alle Aufgaben und Bereiche ist das Thema der wertschätzenden zwischenmenschlichen Kommunikation für Frohloff eine Herzensangelegenheit. Vor seinem Eintritt in die Ahorn Gruppe hat er in verschiedenen Start-Ups in Berlin und einem global operierenden Immobilien-Unternehmen gesammelt.
Zum Unternehmen: Die Ahorn Gruppe vereint mehr als 80 Bestattungsmarken und über 285 Filialen in Deutschland unter ihrem Dach. Im Mittelpunkt stehen der natürliche, respektvolle Umgang mit den Verstorbenen und die verständnisvolle Begleitung der Angehörigen. Im Netzwerkverbund engagiert sich das Unternehmen für eine lebendige Bestattungs- und Erinnerungskultur.

Jan Frohloff, Ahorn AG
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Jan Frohloff

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