Green Deal
Green Deal

Europas Mondlandung

Mit dem Green Deal rüstet Europa auf und will im Wettbewerb der Weltökonomien zum großen Sprung ansetzen. Dafür werden die beiden Mega-Transformationen Klimawende und Digitalisierung zu einem eigenen Geschäftsmodell vereint. Es könnte gewaltige Kräfte entfachen.

Als Ursula von der Leyen im Dezember 2019 den European Green Deal verkündete, hatte das was von JFK. „Bis 2050 wollen wir der erste klimaneutrale Kontinent werden“, proklamierte die EU-Kommissionspräsidentin. Große Worte, die an Kennedy’s berühmte Moon Speech von 1962 erinnern: „Bis zum Ende der Dekade wollen wir einen Mann zum Mond schicken – und sicher wieder zurückbringen.“

Das Billion-Euro-Ding

Tatsächlich wirkt das Apolloprogramm mit seinen heute umgerechnet 120 Milliarden Dollar gegenüber dem Green Deal nur wie ein Trippelschritt für die Menschheit. Astronomische eine Billion Euro will die EU bis 2030 investieren und danach weitere Milliarden, um Europa zum globalen Vorreiter in Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu machen – und zum weltweiten Spitzenreiter in grüner Technologie und Industrie.
Selbst Chinas Neue Seidenstraße fällt mit ihren 900 Milliarden Euro dagegen vergleichsweise kleinlich aus.

Europas späte Antwort

Der Green Deal ist das, was Europa lange suchte und dringend brauchte: der Masterplan, um im Wettbewerb mit den Weltökonomien USA und China zum großen Sprung anzusetzen. Endlich, möchte man sagen.

Zu lange schon läuft der alte Kontinent der Digitalisierung hinterher, getrieben durch die Tech-Giganten aus Übersee und Fernost. Zu behäbig reagierte die Automobilindustrie auf den Change zur Elektrifizierung. Zu konzeptlos wirkten Europas Regierungen auf Chinas Geostrategie der Neuen Seidenstraße. 
Der Green Deal könnte nun Europas späte, aber umso wuchtigere Antwort sein. 

Kombination der Mega-Transformationen

Der Push-Effekt, der Europa in die Zukunft katapultieren könnte, liegt in der Verbindung der beiden Mega-Transformationen Klimawende/Nachhaltigkeit und Digitalisierung: zwei Treiber, die sich gegenseitig verstärken. Denn wo erneuerbare Energien dezentral erzeugt werden, braucht es digitale Steuerung. Wo klimafreundliche Mobilität und verknüpfte Verkehrswege forciert werden, braucht es digitale Navigation und Angebote in Echtzeit. Eine moderne Kreislaufwirtschaft benötigt digitale Produktdaten aus transparenten Rohstofflagern-, Produktionsprozessen und Lieferketten. Eine umweltschonende Landwirtschaft basiert auf digitaler Feldbewirtschaftung und Geo-Daten über Böden und Wetter. Und dies sind nur einige Beispiele kombinierter Transformation.

Fast jede Branche wird zur Klimabranche

Damit befördert der Green Deal mit seinem Ziel der Netto-Null-Emission (siehe Infobox unten) einen gleich doppelten Wachstums- und Innovationsschub für Europas Wirtschaft – und das sektorenübergreifend. Der Deal macht so gut wie jede Branche zur Klima- undNachhaltigkeitsbranche, weil jede einen ökologischen Fingerabdruck hinterlässt, der wiederum messbar und nachvollziehbar sein muss. Kaum eine Branche kommt umhin, sich dafür nachhaltig zu digitalisieren, weil verschärfte Klima-und Transparenzgesetze sie dazu zwingen. Branchen im Umbruch von der Automobilindustrie bis zur Energiewirtschaft werden zu Forschung, Entwicklung und nachhaltiger digitaler Erneuerung geradezu genötigt – quasi de jure.

Green Europe
Europa auf dem Weg zum ersten klimaneutralen Kontinent

Smarte grüne Welt

Die „Klimaeffekte der Digitalisierung“ hat der Branchenverband Bitkom in seiner gleichnamigen Studie ausgerechnet. So führt eine beschleunigte Digitalisierung quer durch die Sektoren zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes um 543 Megatonnen oder 55% im Vergleich zu 1990. 
Das klingt erst mal abstrakt, mündet aber konkret in Zukunftsprojekten und nachhaltigen Investitionsvorhaben. Im Bereich Mobilität zu einer intelligenten Verkehrssteuerung und smarter Logistik. In der industriellen Fertigung zur smarten, automatisierten Produktion oder dem Digitalen Zwilling zur Virtualisierung von Prozessen. Oder im Energiesektor zum weiteren Ausbau von Smart Grids: Intelligenten Stromnetzen, die Cloud-basiert gesteuert werden.

Das europäische Geschäftsmodell

Dabei ist der Green Deal mehr als die Summe seiner Billion-Investition. Er hat das Zeug zur European Brand. Durch die Kombination der beiden Megatrends setzt der Kontinent auf ein eigenes, europäisches Geschäftsmodell, das einen Gegenpol zur amerikanischen Plattformökonomie und der chinesischen Digitalautokratie darstellt. Europa stellt ihnen die nachhaltige Marktwirtschaft entgegen. Sie versöhnt Ökonomie mit Ökologie. Sie ist sozial, digital und klimaneutral.

Datenschutz als Gütesiegel

Zumal: Zum Markenzeichen der digitalen Nachhaltigkeit kommt ein weiterer, ureuropäischer USP – der des Datenschutzes. Wo im Zuge des Wandels zur Green Economy Daten massenhaft gesammelt werden müssen – von Mitfahr-Apps bis zum Stromverbrauch –, werden Bürgerinnen und Bürger durch die DSGVO vor Überwachung geschützt. Die DSGVO und eine robuste Datenverschlüsselung kann sich – angesichts immer enger vernetzter Ökosysteme – zum weltweiten Gütesiegel einer grünen, europäischen Wirtschaft entwickeln. Zumindest in Richtung Westen.

Die Entfaltung der Kräfte

Aber auch in Richtung China sendet der Green Deal ein nachhaltiges Zeichen der Stärke. Denn Europas Unternehmen eint nun eine gemeinsame Mission. Das übergeordnete Ziel des klimaneutralen, nachhaltigen Kontinents kann Kräfte entfachen, die es weltweit in dieser Form und Dichte nirgendwo sonst auf diesem Planeten gibt.
Gemeint sind die vielen kleinen, mittelständischen Unternehmen – die Hidden Champions von Maschinenbau bis Windenergie –, die mit ihrem Erfindergeist die ehrgeizigen Klimaziele mit progressiven Technologien vorantreiben werden. Sie werden sich mit neuen, grünen Start-ups vernetzen – zu einem Konglomerat der Innovation.
Zusammen mit dem Staat als Treiber wegweisender Projekte des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit könnte gelingen, was sich Ursula von der Leyen mit ihrer Billion-Investition erhofft: „Europas Man-on-the-Moon-Moment“.

Infobox: Die wichtigsten Punkte des Green Deals

Das übergeordnete Ziel des Green Deals ist die Schaffung eines klimaneutralen Europas mit einer nachhaltigen Wirtschaft. Bis 2050 soll das Ziel von Netto-Null-Treibhaus-Emissionen gegenüber 1990 erreicht werden. Dies soll in einem Klimagesetz verankert werden. Bis 2030 sollen dafür im ersten Schritt die Emissionen um 50-55% gesenkt werden. Der Green Deal adressiert die zentralen Handlungsfelder Klimaschutz, saubere Energie, nachhaltige Industrie, Mobilität und Verkehr, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft, Beseitigung der Umweltverschmutzung, Gebäude und Renovierung sowie eine grünere, gesündere Landwirtschaft („Vom Hof zum Tisch“).
Investitionsvolumen: 1 Billion Euro. Bis 2050 ist ein Gesamtvolumen von 1,8 Billionen geplant.

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