Reset 2022
Reset 2022

Customer first und das neue Selbstverständnis

Klassische Marktmechanismen sind seit dem Ausbruch der Pandemie ins Wanken geraten. Nicht nur das Konsumverhalten hat sich zunehmend ins Digitale verschoben, auch die generelle Arbeits- und Lebensweise bringt neue Herausforderungen für Unternehmen mit sich. Geschwindigkeit und Empathie sind gefragt, wenn Sie im Wettbewerbsumfeld bestehen wollen. Stellen Sie jetzt die richtigen Weichen. 

Die Welt wird hoffentlich in diesem Jahr wieder in einen Normalzustand zurückfinden – aber dieser wird digital sein. Das gilt nicht nur für veränderte Konsumgewohnheiten und wie Sie ihnen begegnen. Auch Mitarbeitende fordern digitale Erlebnisse, es braucht moderne Workflows und leistungsfähige Technologien. Wir zeigen fünf Aspekte auf, die Sie 2022 beachten sollten. 

1. Der neue Kunde: digital, unberechenbar und leicht zu verlieren

2020/21 ging für Anbieter in jeder Branche die Vorhersehbarkeit verloren. Die Geschwindigkeit, mit der auch neue Nutzerinnen und Nutzer in digitalen Kontakt zum Unternehmen kamen, entsprach einem Akzeptanzsprung, wie er für einen Zeitraum der nächsten zehn Jahre erwartet worden war. Gleichzeitig haben sich die Customer Journeys von Bestandskunden rasant verändert: Mehr als die Hälfte nutzt neue Wege zur Recherche und zum Kauf. Die Erkenntnis: Es braucht neue Arten der Customer Journeys und ein Costumer Experience (CX)-Versprechen, das sich vom Wettbewerb differenziert. 

Die digitale Verschiebung ist dramatisch und allgegenwärtig, selbst in den B2B-Branchen wie der verarbeitenden Industrie und dem Mittelstand, die bei der digitalen Transformation bisher eher langsam waren. Die zunehmende „Amazonisierung“ von Geschäftsleuten und ihre Erwartungen an Convenience und Verfügbarkeit bekam einen deutlichen Schub. 

2. Umdenken durch Fernarbeit

Das Homeoffice und Remotearbeit sind wahrscheinlich der einschneidendste und nachhaltigste Effekt der Pandemie. Angesichts der überraschend positiven Erfahrungen mit der Umstellung auf Homeoffice praktisch über Nacht haben sich die Ansichten der Unternehmen bereits dramatisch geändert. Homeoffice wird künftig erstarken und nachhaltigen Einfluss auf Unternehmen haben. Neue Marketingstrategien sind erforderlich, um Kunden zu erreichen und zu binden. Von der Neupositionierung von Marken bis hin zu besseren Mobile Apps und Advertising, deren Targeting über städtische Zielbereiche hinausgeht, wird Fernarbeit jeden Aspekt des Marketings und der Organisation im weiteren Sinne beeinflussen und dementsprechend können sich Anbieter der neuen Lebensform ihrer Kundinnen und Kunden ebenso wenig verschließen wie die ihrer Belegschaft. 

Das digitale Erlebnis entwickelt sich auch zum differenzierenden Merkmal bei der Arbeitgeberwahl.

Asse Meyer, Senior Management Consultant

3. Flaschenhälse im Unternehmen überwinden

Die Geschwindigkeit, mit der Erkenntnisse gewonnen und umgesetzt werden, ist in einer dynamischen Umgebung, wie wir sie jetzt erleben, ein entscheidender Faktor für den digitalen Erfolg. Doch häufig wird eben diese von starren Workflows behindert. Der Begriff Workflow wird häufig mit den bisherigen Strukturen und Prozessen verwechselt, bedeutet aber die Sammlung der Methoden und Möglichkeiten, mit denen Prozesse effizienter gestaltet werden sollen. Der Wechsel zum Homeoffice hat die Unternehmen gezwungen, sich auf Produktivität im Kontext Remote verteilter Teams zu konzentrieren. Das birgt die Chance, wichtige Prozesse hinsichtlich Workflows neu zu beleuchten und dabei alten „Flaschenhälsen“, repetitiven Aufgaben und Abhängigkeiten in der Struktur zu begegnen.

In den letzten Monaten waren Unternehmen gezwungenermaßen innovativ. Die Fortschritte kamen zustande, indem Teams die verfügbaren Ressourcen und Technologien auf neue Arten einsetzen und alte Strukturen aufbrechen mussten und das i.d.R. sogar sehr erfolgreich.

4. Wechselhafte Zeiten erfordern flexible Technologien

Außer bei den CX-Champions stellt veraltete Technologie quer durch die Branchen die häufigste Hürde auf dem Weg zu effektivem Marketing, Commerce und effektiver CX dar. Für wenige Unternehmen liegt die Lösung in einem Neustart auf einer einheitlichen Plattform, für anderen Unternehmen ist der naheliegende Weg zum technologischen Update die Kombination der vorhandenen Technologien mit einer cloudbasierten Daten-Management-Ebene. Auch wenn Unternehmen bemüht sind, Kosten einzusparen und die Anzahl der Technologie-Anbieter, von denen sie abhängig sind, zu reduzieren, wird das heutige komplexe digitale Ökosystem bestehend aus Drittanbieterplattformen, internen und punktuellen Lösungen noch eine Weile fortbestehen. Gleichzeitig haben aber Agilität und die Fähigkeit, zusätzliche je nach Bedarf technologische Kapazitäten hinzuzufügen, eine hohe Priorität. 

5. Chancen durch neue Kompetenzen

Was sind die neuen Marketingkompetenzen, die den Unterschied ausmachen und es Verantwortlichen ermöglichen, ihre Zielgruppen zu erreichen und Kundentreue aufzubauen? 

Der sprunghafte Anstieg von Onlineverbrauchern und Business-Käufern unterstreicht in den letzten Monaten die Bedeutung von Personalisierung als Hebel im Kundenerlebnis, den es in Echtzeit auszuspielen gilt. Die Personalisierung muss das zentrale Ziel bei Digital Marketing und CX sein, gehört aber für viele Unternehmen immer noch in die Kategorie „neu und kenne ich nicht“. Dies ist den unterschiedlichsten Definitionen, den neuen Herausforderungen durch veraltete Technologie und der Datenfragmentierung über alle Channels hinweg geschuldet. Wirkungsvolle Customer-Personalisierung bedeutet die Überwindung dieser Hürden sowie den Aufbau einer reaktionsfähigen, erkenntnisbasierten Strategie, um im selben Tempo wie die Kunden handeln zu können. 

Empfehlungen

Neue Workflow-Prozesse ist die Art Priorität, die gerne in die Zukunft verschoben wird oder aus dem Blickfeld verschwindet, weil sie zeitintensiv und anstrengend sind. Aber wenn Marketingeffizienz und Commerce das Ziel ist, sind verbesserte Abläufe der Weg dorthin, oftmals mit nur minimalen Investitionen im Verhältnis zum Ertrag. In den meisten Fällen können die neuen Teams schnell Engpässe und Redundanzen in vorhandenen Prozessen identifizieren und Lösungen anbieten, mit denen der Workflow verbessert wird. Außerdem können sie zur Beantwortung wichtiger Fragen beitragen, mit denen Chancen ermittelt werden können.

  • Was kann automatisiert werden? Die Automatisierung repetitiver Aufgaben hat sich schnell weiterentwickelt, vor allem dank einer Vielzahl verschiedener Tools für KI und maschinelles Lernen, von denen eine Reihe mit Marketing-Management-Systemen zusammenarbeiten. 
  • Nutzt das Team die an wichtigen Prozessen beteiligten Technologien optimal aus? Häufig wird bei komplexen Technologien nur ein Bruchteil des verfügbaren Funktionsumfangs genutzt. Daher empfiehlt es sich eine Prüfung der integrierten Automatisierungs-, Analyse- oder Vorlagen-Tools, für die es möglicherweise einfach nur zusätzlichen Schulungsbedarf gibt, um eine gute CX zu generieren und wirklich zu personalisieren.
  • Was kann in Abläufe integriert werden? Motivorientierte personalisierte Suche, sogenannte MOPS, dient der Bewältigung von Elementen im Marketing-Support, die möglichst von einem speziellen Team umgesetzt werden sollten. Dazu zählen erweitertes Analyse-Reporting, Datenbankverwaltung oder Technologiebewertung. 

Empathie ist die Zukunft von Customer Experience

Diese Phase des Neubeginns der Kundenerlebnisse wird vor allem vom Nutzerkomfort geprägt. Doch kann digitaler Komfort auf Dauer nicht als einziges Alleinstellungsmerkmal angeführt werden – vielleicht von einigen Topmarken mal abgesehen. Empathie ist ein unterschätztes Unterscheidungsmerkmal, das prinzipiell jedem zur Verfügung steht, der die Kenntnisse über seine Kunden und Produkte zusammenführt und dann im entscheidenden Schritt des Erlebnisses manifestiert. Die Stimmungslage von Kunden trat während der Pandemie besonders in den Vordergrund, aber Marketer wissen, dass Customer Journeys schon immer emotional waren, sogar im B2B-Kontext. 

Die Analyse der emotionalen Reise des Kunden und deren Berücksichtigung ist der nächste Evolutionsschritt beim CX. Nur wenige Unternehmen haben einen „umfassenden Einblick“ in die Kundenmentalität und Gedanken oder Gefühle in der Customer Journey. Bei den anderen wichtigen Kenntnissen über die Entscheidungsfaktoren für Einkäufe und Loyalität sieht es kaum besser aus. Gute Marketingprofis glänzen besonders darin, sich in Zielgruppen einzufühlen und Kommunikation so zu erstellen, dass sie eine emotionale Bindung mit ihrer Marke fördert. Diese Fähigkeiten über das gesamte Kundenerlebnis hinweg ist der Weg, über den die Marken/Anbieter, die allein mit Komfort nicht wettbewerbsfähig sind, in ihren Absatzkanälen erfolgreich sein können.

Artikel von:
Asse Meyer, Senior Management Consultant, Cassini Consulting AG
Asse Meyer
Senior Management Consultant