Innovation
Enabling Innovation

Innovation als Frage von Strategie und Unternehmenskultur

Führende Unternehmen sind mit einer kaum lösbaren Herausforderung konfrontiert: Innovative Disruptoren greifen ganze Industrien an und setzen bestehende Strukturen und etablierte Regeln außer Kraft. Die klassischen Geschäftsmodelle der Branchen-Riesen fallen innovativen Start-ups und damit der digitalen Revolution zum Opfer.

Innovation gilt heute als entscheidender Wettbewerbsvorteil

Und als Motor nachhaltigen Wachstums. Sie sichert Unternehmen die Wettbewerbsposition innerhalb des Kerngeschäfts und trägt zur Erweiterung des Geschäftsmodells und der Erschließung neuer Märkte bei. Doch gerade die Maßnahmen, die für das Fortbestehen großer Unternehmen unverzichtbar sind, wie etwa definierte Geschäftsprozesse oder Compliance- und Riskmanagement, stehen im eklatanten Widerspruch zu den Rahmenbedingungen, die für Innovationen benötigt werden – und die Start-ups heute ausmachen.

Ein Start-up ist eine menschliche Institution, die ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung in einem Umfeld extremer Ungewissheit entwickelt.

„Lean-Startup“-Autor Eric Ries

Gerade aufgrund dieser Ungewissheit suchen Start-ups nach andersartigen, skalierbaren Geschäftsmodellen. Dafür legen sie einen extremen Fokus auf den Kundennutzen. Sie entwickeln ein neues Verständnis der Kunden, erfassen deren Bedürfnisse und testen mit wenig Aufwand neue Ideen. Die Big Player realisieren immer deutlicher, dass Innovation als Unternehmensdogma nur funktionieren kann, wenn sie durch ihre Strategie und Unternehmenskultur auch innovationsfördernde Rahmenbedingungen schaffen. Doch wie lassen sich die Strukturen etablierter Unternehmen verändern, damit Innovation (wieder) gedeiht?  

Das Management legt den Grundstein 
Das Management muss die Basis für eine nachhaltige Innovationskultur schaffen. 
Während die Innovations-Kapazität eines Unternehmens von multiplen Faktoren abhängt, muss der psychologische Rahmen, der für kreatives Denken und Handeln nötig ist, von den Führungspersonen vorgelebt werden. 

Von einem gewissen Grad an Arbeitsteilung an, können Mitarbeiter weniger unabhängig handeln. Sie fühlen sich dann schnell aus der unternehmerischen Verantwortung und dem Innovationsprozess herausgenommen. Es ist die Aufgabe des Managements, die Rahmenbedingungen zu schaffen und den Projekt- bzw. Entwicklungsteams die nötigen Freiräume zu geben. Innovation folgt keinem Top-Down-Prinzip, sondern muss von allen Beteiligten im Unternehmen gelebt werden. Dazu braucht es einen konstanten Bottom-Up-Flow an Ideen.  

Lernende Teams, in denen jeder Unternehmer ist 
Eine weitere Schlüssel-Komponente ist, Empathie zwischen Mitarbeitern und Kunden herzustellen. Doch obwohl Teams dadurch viel über ihre Kunden lernen, scheitern sie danach oft daran, aus ihren Erkenntnissen konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten. Denn in vielen etablierten Unternehmen machen die Mitarbeiter jahrelang den gleichen Job, ohne zu wissen, wie die tägliche Arbeit anderer Abteilungen aussieht. 
Ein weiterer Schritt, um einen Bottom-Up-Flow an Ideen zu erreichen, ist, den Dialog zwischen cross-funktionalen Teams zu stärken. Dazu genügt es nicht, wöchentliche Status-Meetings abzuhalten. 
Teammitglieder müssen vielmehr Einblick in die Arbeit anderer Teams erhalten und die Gesamtwertschöpfungskette verstehen. Multidisziplinäre Teams können Probleme aus verschiedenen Perspektiven betrachten und bieten den Raum, Ideen in alle Richtungen weiterzuentwickeln.  

Das Bedürfnis, unabhängig zu denken und durch konkrete Handlungen Ziele zu erreichen, bildet den Kern einer Unternehmenskultur, die unternehmerisches Handeln fördert. Dieses Bedürfnis wird aber nur zu Erfolgen führen, wenn es mit der Anwendung unternehmerischer Fähigkeiten kombiniert ist. Um dies nicht nur über klassische Incentive-Systeme zu erreichen, ist es unerlässlich, einen Intrapreneurship-Ansatz (Unternehmer im Unternehmen) in die Unternehmenskultur zu integrieren. Dazu müssen Mitarbeiter am Unternehmenserfolg teilhaben. Wenn persönliche Interessen mit denen der Organisation im Einklang sind, fällt es leichter, den Extra-Schritt für das Unternehmen und dessen Ziele zu gehen – denn dann sind es auch die eigenen.  

Die Start-up-DNA in die eigenen Prozesse integrieren 
Neue, disruptive Organisationen entwickeln Agilität und Innovation als Teil ihrer DNA. So haben sie das Potenzial, rasant zu wachsen. Auch wenn die Infrastruktur anfangs noch mangelhaft ist, sind smarte Prozesse und geringe Kosten in Technologie- und Produktentwicklung häufig entscheidende Wettbewerbsvorteile. Dagegen ist es eher ein Hindernis für die Innovationsfähigkeit, sich blind auf etablierte Prozesse, Systeme und Verträge zu verlassen. Starre Prozesse verhindern den Fortschritt – und auch die Rekrutierung junger Top-Talente, die für eine kundenorientierte Weiterentwicklung des Produkt- und Dienstleistungsangebot überlebensnotwendig ist. Klassischen Großunternehmen fällt es schwer, wie Startups zu denken; es ist nicht Teil ihrer DNA. Mitunter ist die anfängliche Innovationskraft mit zunehmender Arbeitsteilung und der schleichenden Bürokratisierung, die das Wachstum mit sich gebracht hat, verloren gegangen. 

„Ja“ zur offenen Fehlerkultur 
Innovation bedeutet auch, Fehler zu akzeptieren. Fehler sind unvermeidbar, wenn man etwas tut, das niemand zuvor getan hat. Diese Erkenntnis ist nicht neu, wird hierzulande aber noch immer unterschätzt. Wenn mehr als 90 Prozent aller Start-ups scheitern, warum sollten große Organisationen bessere Ergebnisse erzielen? Eine offene und transparente Fehlerkultur über alle Unternehmensbereiche hinweg kann ein stärkerer Innovationsmotor sein als jede F&E-Abteilung. Nur eine offene Fehlerkultur ermöglicht es den Entwicklungsteams, Fehler zunächst als solche zu benennen, dann aus ihnen zu lernen, um schließlich Anpassungen vorzunehmen und den nächsten Versuch zu starten – bis der Erfolg eintritt. Großen Unternehmen fällt diese Art von „Failure-Driven-Innovation“ schwer, da sie Erfolg meist an finanziellen Kennzahlen messen, anstatt an einer langfristig ausgerichteten Strategie. Doch erfolgreiche Beispiele zeigen, dass es ausreicht, wenn nur ein Unternehmen zur richtigen Zeit „Ja“ zu einer Idee sagt, um zur Disruption einer ganzen Branche zu führen: siehe Uber, Airbnb oder Netflix. 

Fazit 
Strategie, Unternehmenskultur und Innovation sind untrennbar miteinander verbunden. Eine Innovationskultur zu schaffen, ist ein zentrales Element, um die Herausforderungen der Digitalen Transformation zu bestehen. Die Basis dazu muss das Management vorgeben und leben, sodass Mitarbeiter sich als Unternehmer im Unternehmen fühlen können und am Erfolg teilhaben. Innovation ist zugleich Ursache und Gegenmittel für die Verwerfungen, die sich heute in nahezu jeder Branche beobachten lassen. Niemand kann mit Sicherheit sagen, was die nächste große Innovation sein wird und wer sie liefert. Aber eines ist sicher, je tiefer wir uns in das digitale Zeitalter bewegen: Innovationen und die sich daraus ergebenden Veränderungen laufen immer schneller ab und stellen bestehende Geschäftsmodelle immer radikaler auf den Kopf.

Wer morgen noch dabei sein will, muss heute anfangen, seine Unternehmenskultur darauf auszurichten.

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