Ein Dialog

Sicherheit, Schutz und Vertrauen im digitalen Raum

Die Digitalisierung betrifft mittlerweile nicht mehr nur klassische IT-Unternehmen, sondern ist längst in all unseren Lebensbereichen angekommen. Der digitale Wandel bringt Veränderungen im Alltag eines jeden einzelnen in der Gesellschaft mit sich. Viele alltägliche Vorgänge erledigen wir mittlerweile online und nicht mehr persönlich vor Ort, was die Möglichkeit bietet uns das Leben zu erleichtern, uns aber auch vor neue Herausforderungen und Sicherheitsrisiken stellt. Durch die Verlagerung des Lebens in den digitalen Raum nimmt daher die Bedeutung zur Wahrung der Sicherheit und Integrität der Bürger zu. Die Informationstechnologie wird zunehmend zur Grundlage des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens und es stehen wichtige Entscheidungen und Gesetzesänderungen in den Bereichen wie der elektronischen Beweismittelführung, Nutzertracking und zum Umgang mit terroristischen Inhalten im Internet an.

Aus diesem Grund haben wir zwei Fachexperten eingeladen gemeinsam mit uns das Thema „Wahrung der Sicherheit im digitalen Raum“ kritisch zu beleuchten und Lösungen zu eruieren, wie wir mit den anstehenden Herausforderungen umgehen können. Mit unseren Experten Frau Ann Cathrin Riedel, Vorsitzende von LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik und Herrn Markus Hartmann, Oberstaatsanwalt als Hauptabteilungsleiter und Leiter der bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelten Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen, haben wir Fragestellungen rund um den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen und der Rolle der Politik als auch zu aktuellen Themen im Kontext von „Fake-News“ und digitaler Bildung diskutiert.
Dabei bewegte uns zu Anfang die wesentliche Fragestellung, wie weit Überwachungsmaßnahmen in der digitalen Welt überhaupt gehen dürfen, ohne dass die Grundrechte und Bürgerrechte dabei verletzt werden.  Denn wie unsere Expertin Frau Ann Cathrin Riedel zurecht betont, ist Privatheit ein Menschenrecht und dieses gilt es durch die Justiz zu schützen. Wie dabei Überwachungsmaßnahmen eingesetzt werden dürfen, dazu haben unsere beiden Experten eine klare Meinung:  Eine leichtfertige und anlasslose Überwachung darf auch im digitalen Raum keinen Platz finden. Es bedarf immer einer differenzierten Betrachtung der Einzelfälle und der Bewertung der Verhältnismäßigkeit, um zu bestimmen, welche Maßnahmen zur ebenso grundrechtsschonenden und effektiven Aufdeckung von Kriminalität im Internet geeignet sind. Es gilt, den strafrechtlichen Anlass und die Tiefe des jeweiligen Eingriffs gegeneinander abzuwägen und zu bestimmen, ob ein breitbandiger, aber dafür ungerichteter Einsatz von Ermittlungsmaßnahmen oder ein fokussierter Einsatz auf die jeweils betroffene IT-Infrastruktur durch beispielsweise die Nutzung von IT-Sicherheitslücken der richtige Weg ist.

Das kurz- bis mittelfristige Ziel in Deutschland sollte sein, dass jede Staatsanwaltschaft mindestens eine Kollegin oder einen Kollegen so qualifiziert, dass diese in der Lage sind, auch schwierige Fälle in der Cyberkriminalität sachgerecht bearbeiten zu können.

Markus Hartmann, Oberstaatsanwalt als Hauptabteilungsleiter und Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen der Staatsanwaltschaft Köln

Es fehlt an geeignetem Fachpersonal, um Cyberkriminalität sachgerecht bearbeiten zu können

Gleiches gilt auch bei der Verfolgung von Kriminalität im Internet. Es ist essenziell Cyberkriminalität im Internet grundrechtsschonend aufzuklären, um langfristig das Vertrauen der Gesellschaft in das Internet zu stärken und das Schadenspotential für die Betroffenen zu minimieren.
Im Zuge des Fachkräftemangels ist dabei als eine wesentliche Herausforderung zu betrachten, dass Justiz und Polizei einen stetigen Bedarf haben, geeignete Fachkräfte für die Bearbeitung von Cyberkriminalität zu finden oder auszubilden. Ohne geeignetes Fachpersonal ist eine qualifizierte und rechtlich wie kriminalistisch tragfähige Strafverfolgung im Netz nicht ohne weiteres praktizierbar. Laut Oberstaatsanwalt Markus Hartmann, ist es das kurzfristige Ziel in Nordrhein-Westfalen, in jeder Staatsanwaltschaft mindestens ein Dezernat so zu qualifizieren, dass dort auch komplexe Fälle der Cyberkriminalität sachgerecht bearbeitet werden können. Daneben müssen auch die Gerichte dafür entsprechend ausgebildet werden, um IT-Fragestellungen mit der erforderlichen Fachkunde bewerten zu können. Die Staatsanwaltschaft Köln nimmt mit der landesweit für herausgehobene Fälle zuständigen Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen ebenso wie die Cyberkammer des Landesgerichtes Köln dabei eine Vorreiterrolle ein.

Es ist nicht zielführend, mit Strafrecht gesellschaftspolitische Probleme lösen zu wollen. Die Meinungsfreiheit gilt auch im Internet. Nur weil bestimmte Individuen dort veröffentlichte Beiträge als bspw. unanständig oder demokratiefeindlich erachten, sind diese nicht zwingend auch strafrechtlich relevant.

Ann Cathrin Riedel, Vorsitzende von LOAD e.V.

Die dynamischen Entwicklungen in der digitalen Sphäre sind schneller als die politischen Entscheidungen – es bedarf einer Aufnahme von Geschwindigkeit, um den Entwicklungen standzuhalten.

Neben der Justiz muss auch die Politik aktiv werden - nicht nur durch den Erlass neuer Gesetze, wie Frau Ann Cathrin Riedel im Gespräch betont, sondern mit dem Fokus Vorhandenes aus der analogen Welt zu nutzen und entsprechend in die digitale Welt zu übertragen. Dabei muss Geschwindigkeit aufgenommen werden, denn die dynamischen Entwicklungen in der digitalen Sphäre sind schneller als die politischen beziehungsweise juristischen Entscheidungen, bilden aber die Grundlage für den Schutz der Gesellschaft im digitalen Raum.

Um den Herausforderungen in der digitalen Welt begegnen zu können, müssen insbesondere präventive Maßnahmen wie die Förderung der Digitalen Bildung verstärkt werden.

Doch Strafrecht kann im digitalen Kontext nicht allen Herausforderungen begegnen. Wie Riedel richtig anmerkt, ist es nicht zielführend mit Strafrecht gesellschaftspolitische Probleme lösen zu wollen. Die Meinungsfreiheit gilt auch im Internet und nur weil bestimmte Individuen dort veröffentlichte Beiträge als beispielsweise unanständig oder demokratiefeindlich erachten, sind diese nicht zwingend auch strafrechtlich relevant. Hier können Maßnahmen wir Gegenrede oder Moderation greifen, wie Herr Hartmann anmerkt. Information und Aufklärung spielen auch eine wesentliche Rolle, um der Verbreitung von Desinformationen oder sogenannten „Fake-News“ entgegenzutreten. In der Praxis, so Hartmann, ist es rechtlich sehr komplex, einem Verdachtsfall nachzugehen, bei dem eine öffentliche Kampagne zur Beeinflussung der Meinungen beispielsweise bei Wahlen beigetragen hat. Denn dieser Fall ist bislang strafrechtlich kaum zu fassen. Es ist dennoch wichtig, seitens der Justiz und der Rechtswissenschaft darüber nachzudenken, einen Handlungsrahmen zu schaffen, der einen trennscharfen und praktisch handhabbaren Tatbestand ermöglichen kann. Einen wesentlichen Faktor sollten aber auch präventive Maßnahmen spielen, um die Gesellschaft und den einzelnen Bürger selbst vor Cyberangriffen zu schützen. Bei der „Digitalen Bildung“ besteht für Ann Cathrin Riedel und Markus Hartmann ein enormer Handlungsbedarf, welcher gesamtgesellschaftlich noch viel stärker betrachtet werden muss. Das wesentliche Stichwort ist hierbei die Aufklärung, die bereits im Kindergarten beginnen muss, aber nicht nach der Schule enden sollte. Ein Bildungspotential stellt hierbei auch die ältere Generation dar, denen es teilweise erheblich an Wissen über digitale Sachverhalte fehlt. Selbst bei einfachen Cyberangriffen wie Phishing-Mails sind ältere Menschen teils nicht in der Lage, sich davor zu schützen. Es werden Konzepte benötigt, die ein klares Verständnis für IT-Sicherheit und Datenschutz ermöglichen. Dazu bedarf es auch kurzfristiger Maßnahmen und nicht der Berufung auf langfristigen Strategien, die digitale Aufklärung muss an Geschwindigkeit zunehmen, um mit den dynamischen Entwicklungen mithalten zu können.

Unser Fazit

Schlussendlich geht es vor allem darum, dass jeder einzelne Bürger sich um die fundamentale Frage, wie wir in eine digitale Welt miteinander leben wollen Gedanken macht und wir ein gemeinsames Bild finden. Dazu bedarf es einer nachhaltigen Zusammenarbeit, Transparenz und Vertrauen zwischen Politik, Justiz und der Gesellschaft, um zu evaluieren wie die Schutzbedürfnisse in der digitalen Welt erfüllt werden können und welche Gesetze und Maßnahmen dazu erforderlich sind, ohne dabei die Bürgerechte und Freiheiten des einzelnen zu beeinträchtigen. Nur dann ist es möglich, das volle Potential der Digitalisierung auszuschöpfen, ohne dabei die Sicherheit und Integrität der Bürgerinnen und Bürger zu gefährden.

Lassen Sie uns deshalb diesen Diskurs aktiv und fortwährend führen, um herauszufinden, was sich im aktuellen Zustand als richtig und passend erweist, um die Sicherheit aller Bürger im digitalen Zeitalter zu wahren.

Dustin Huptas, Senior Management Consultant, Cassini Consulting

Ihre Ansprechpartner

Murielle Ladebeck, Senior Consultant, Cassini Consulting
Murielle Ladebeck

Senior Consultant

murielle.ladebeck@cassini.de
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