Arbeiten in verteilten Teams
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Arbeiten in verteilten Teams – Stolpersteine und Erkenntnisse seit Beginn der Pandemie

Die Pandemie hat in vielen Lebensbereichen und Branchen zu dramatischen Veränderungen geführt. Diese hat vor allem in Verwaltungs- und Dienstleistungsbereichen zur Etablierung des Remote Workings und zu Homeoffices geführt. Was bis vor knapp 18 Monaten eine Ausnahme an bestimmten Wochentagen oder für Pendelnde war, ist nunmehr in dispositiven Funktionen zur Normalität geworden.

Was die Monate der Pandemie gezeigt haben

Technische Voraussetzungen für Remote Work mussten schnell geschaffen werden und, was eindrucksvoll zu erleben ist, konnten es auch in den meisten Fällen. Zum anderen haben sie gezeigt, dass mit fortschreitender Nutzung des Konzeptes Remote Work/ Homeoffice und der damit einhergehenden technischen Infrastruktur, die Herausforderungen im Bereich der Kollaboration und Führung immer evidenter werden.

Die Anforderungen an Leadership und Team Management sind bereits im Bereich der Linienorganisation groß. Sie sind aber weitaus komplexer im Bereich der Projektarbeit und des Projektmanagements. Die Gründe für diese höheren Anforderungen an Team-Mitglieder und das Projektmanagement sind dabei wie folgt:

  • Das Wesen von Projekten besteht darin, Neues in kreativen Prozessen zu entwickeln. Die Grundlage für menschliche Kreativität liegt in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen, die durch die veränderten Rahmenbedingungen deutlich erschwert wird.
  • Die Zusammenarbeit in den regulären Organisationseinheiten ist weitreichend geprägt von Standards und Routinen; diese fehlen in Projekten oder müssen zunächst etabliert werden.
  • Ob in Linien- oder Matrixorganisationen: Führung wird durch organisatorische Elemente wie Ziele und Personalverantwortung unterstützt; diese fehlen im Projekt in der Regel.

Kurz gesagt: In der Pandemie in einem verteilten Team ist es noch schwieriger, die Projektleitung und -steuerung zu übernehmen. Mit dem vorliegenden Beitrag sollen die Herausforderungen für Projektleitung und -mitglieder aufgezeigt sowie grundlegende Lösungsansätze und -optionen dargestellt werden.

Verteilte Teams - Arten und Stolpersteine

  1. „Fully Remote Teams“: Alle Mitglieder arbeiten von Zuhause oder aus verschiedenen Büros
  2. Hybrid Teams: Ein Teil des Teams agiert im Office und der andere Teil aus „der Ferne“
  3. Flex Teams: Teammitglieder haben die Möglichkeit, im Homeoffice oder im Büro zu arbeiten   

Gerade in internationalen oder transkontinentalen Teams existierten in der Vergangenheit bereits Projektgruppen, die aus offensichtlichen Gründen nicht im selben Office tätig waren; mit der Pandemie hat diese Zusammenarbeit aber eine andere Qualität und ein anderes Ausmaß erreicht.  

Eine Arbeitsgruppe der Cassini Consulting hat sich mit der Problematik des Arbeitens in verteilten Teams auseinandergesetzt und aus den Erfahrungen der letzten Monate die folgenden vier Stolpersteine als Kernprobleme identifiziert:

  • Das „Wir-Gefühl“ wird signifikant schwächer werden, wenn keine intensiven Bemühungen erfolgen, um die Identifikation mit Projekt und Team zu stärken.
  • Die Kommunikation wird schwieriger und damit das Risiko für Fehlinterpretationen.
  • Die individuelle Situation und Belastung ist für die Projektleitung schwerer einschätzbar und das Risiko steigt, dass Teammitglieder überfordert sind oder gar ausfallen.
  • Der für den Projekterfolg essenzielle Informationsaustausch wird erschwert und es besteht das Risiko, dass Informationssilos entstehen.

Einer der Kernaspekte und Herausforderungen liegt dabei in der Verschiebung der bewussten und unbewussten Normen im Vergleich zu traditionellen Teams. Das Bild des Eisberges, bei dem große Volumina „unter der Wasseroberfläche“ liegen hat sich dabei etabliert. Im Falle von verteilen Teams liegt die Wasserlinie noch deutlich höher, d. h., dass viele Aspekte noch weniger von außen ersichtlich sind. Dieser Herausforderung muss durch neue Methoden und Führungsprinzipien entgegengewirkt werden.     

Um diese Risiken und Probleme für die Arbeit in verteilten Projektteams zu minimieren, sieht Cassini drei konkrete Ansatzpunkte:

  1. Das Miteinander
  2. Die erweiterte Projektkommunikation
  3. Tools und Systeme

Das Miteinander in verteilten Teams

Die zentrale Herausforderung für eine neue Form des Arbeitens in verteilten Teams liegt in der Schaffung anderer Rahmenbedingungen für die Projektkultur bzw. – wenn möglich – in der Veränderung der Unternehmenskultur. 
Die Stützpfeiler dieser neuen Kultur sind dabei:

  • Flexibilität: Agilität in Aufgaben und Priorisierung
  • Umfassende Kommunikation geht vor Partikularwissen
  • Es gilt das Prinzip der Offenheit und der Feedback-Kultur
  • Ergebnisse zählen und nicht der Einsatz  

Die Aspekte dieser neuen Projekt- bzw. Unternehmenskultur werden in vielen Unternehmen und Projektorganisation durch eine neue Management-Philosophie manifestiert.  

Unter der Headline „Trust is the new control” hat sich in den letzten Jahren eine neue Führungskultur entwickelt, die insbesondere für verteilte Teams in Projekten von großer Bedeutung ist. Dabei werden die etablierten Instrumente wie Projektpläne und kennzahlenbasierte Steuerung im Wesentlichen durch mitarbeiterorientierte Aspekte ergänzt, wie das umfassende Kennenlernen untereinander sowie das Motivieren. Nicht zuletzt schafft die vollständige Delegation von Aufgabenbereichen ein hohes Maß an Vertrauen.   

Vertrauen erfordert aber zunächst einmal das Kennenlernen. Das bedeutet, dass Führungskräfte noch mehr Zeit in das Verständnis für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren müssen. Hierbei spielen sowohl der kulturelle Hintergrund, Erwartungen an die Projektleitung sowie die Lebensumstände und die bereits erwähnte Motivation jedes und jeder Einzelnen eine bedeutende Rolle.
Dieses Erfordernis ist jedoch während der Pandemie, durch die Masse an Meetings und den Mangel an Erfahrung mit den neuen Umständen, zu kurz gekommen. Es wurde zu wenig Wert auf die Mitarbeiter-Bedürfnisse gelegt und Teambuilding-Maßnahmen waren die Ausnahme, so dass Projektmitglieder sich schnell überfordert fühlten oder die Motivation verloren.

Die erweiterte Projektkommunikation in verteilten Teams

Kommunikation ist bekanntlich ein Schlüssel zum Erfolg in der Zusammenarbeit.
Dazu zählt auch der informelle und spontane Austausch in der Pause, beim Kaffee oder beim Mittagessen vor Ort. Fehlt dieser, muss ein adäquater Ersatz gefunden werden, um den oben definierten Kernproblemen entgegenzuwirken. Auch an dieser Stelle müssen die Projektverantwortlichen stärker agieren als Führungskräfte in Linienfunktionen. Allerdings wird Kommunikation nicht – wie vielerorts häufig missverstanden – durch eine größere und dichtere Anzahl von Zoom Meetings erreicht, sondern durch regelmäßige und effiziente Kommunikationsstrukturen.

Dazu gehören die Standards des traditionellen wie des agilen Projektmanagements wie Dailys und wöchentliche Projektmeetings. Darüber hinaus sollten offene Formate für den Austausch vorhanden sein, wie z. B. Sprechstunden, die den spontanen Austausch erleichtern.
Workshops für eine offene Kommunikation und den Gedankenaustausch sollten genutzt werden - dabei auch ab und an ohne konkretes Ziel. Chats können ebenfalls der Aktivierung der Teammitglieder dienen, wenn eine Kultur des positiven Austausches etabliert ist.
Dabei sind die Reihenfolge und Intensität der Maßnahmen vom Fortschritt und dem Status abhängig und richtet sich sozusagen nach dem Herzschlag des Projektes.

Tools und Systeme für verteilte Teams

Unabhängig davon, ob ein Team Fully Remote, Hybrid oder flexibel vom Homeoffice arbeitet, sollten die folgenden Bereiche durch Tools unterstützt werden.

  • Kommunikation: Eine Applikation die Besprechungen, Chats für den direkten oder projektbezogenen Austausch ermöglicht.
  • Kollaboration: Um Neues in kreativen Prozessen zu gestalten und Workshops interaktiv durchzuführen werden Kollaborations-Tools wie z. B. digitale Whiteboards benötigt.
  • Projektmanagement: Mit dem richtigen PM-Tool können die Arbeitspakete transparent geplant, verfolgt und geliefert werden.
  • Dokumentation: Eine zentralisierte Plattform für die Dokumentation und den Austausch von Dokumenten für eine effiziente Zusammenarbeit.

Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass neue Tools und Systeme bereits allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekannt und vertraut sind. Für die vollumfängliche und effiziente Nutzung müssen entsprechende Schulungen angeboten werden, um das Team zu befähigen und den bestmöglichen Nutzen aus den neuen Technologien zu ziehen. Zu häufig konnten wir beobachten, wie eine neue Applikation zwar schnell bereitgestellt wurde, aber die Nutzerinnen und Nutzer nur einen Bruchteil der neuen Möglichkeiten nutzten.

Zudem werden grundlegende Voraussetzungen, die auch im Homeoffice existieren müssen, oft übersehen: so lösen die passenden Tools allein bspw. nicht die Probleme einer schlechten Internetverbindung, fehlender Rückzugsmöglichkeiten oder eines unzureichenden Arbeitsplatzes. Auch diese Aspekte müssen durch den Arbeitgeber berücksichtigt werden. Häufig helfen bereits kostengünstige, unbürokratische Angebote wie z. B. die Bereitstellung von Headsets. 

Digitale Technologien haben für die Arbeit in verteilten Teams erhebliche Fortschritte mit sich gebracht. Allein stellen sie jedoch keine Wunderwaffe dar: das Umdenken in den Bereichen Unternehmens- bzw. Projektkultur, Leadership und Kommunikation bleibt Aufgabe menschlicher Zusammenarbeit und Führung.

Fazit

Es ist davon auszugehen, dass die Pandemie die Arbeitswelt nachhaltig verändert hat. Die Vorteile der mobilen Arbeit haben dazu geführt, dass auch nach Corona vermehrt im Homeoffice und in verteilten Teams gearbeitet werden wird. Nicht zuletzt kann auf diese Weise dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel, ggf. über Landesgrenzen hinweg, entgegengewirkt werden.

Die hier beschriebenen Ansätze zur Zusammenarbeit, Kommunikation sowie technologischer Unterstützung werden an Bedeutung zunehmen. Um im Projektalltag erfolgreich zu sein und nicht ins Stolpern zu geraten, müssen Projektleitungen umdenken und neue Konzepte implementieren. Für konkrete Formate, Ideen und Ansätze hat die Cassini Consulting AG einen Werkzeugkoffer entwickelt.

Artikel von:
Michael Reckels, Senior Consultant, Cassini Consulting
Michael Reckels
Senior Consultant
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