Nachdem potenzielle Prozesse für eine Automatisierung identifiziert wurden, geht es im nächsten Schritt darum, den Business Case aufzustellen, um Entscheidungsverantwortliche innerhalb der eigenen Firma von der Umsetzung eines RPA-Projekts zu überzeugen. In dieser Phase ist es die Aufgabe eines Business Analyst, die Automatisierungsvorhaben hinsichtlich ihres Geschäftswertes, der Komplexität und der Durchführbarkeit zu prüfen.
Der Hauptzweck des Business Case ist es aufzuzeigen, dass die gewünschte Automatisierung mit den Unternehmenszielen vereinbar ist. Ziel ist es, am Ende eine Priorisierung der unterschiedlichen Automatisierungsvorhaben aufgestellt zu haben und daraus eine Strategie zur Umsetzung abzuleiten.
Da eine rein finanzielle Betrachtung von Automatisierungsprojekten oft wichtige Aspekte außer Acht lässt, empfiehlt es sich auch bei der Implementierung von RPA den 5-Dimensionen-Zyklus von Axmann und seinen Kollegen zu verwenden, um eine umfassende Bewertung durchzuführen.
![5-Dimensionen-Zyklus nach Axmann et.alii.](https://images.prismic.io/cassini/ZlC_Siol0Zci9bpw_5-Dimensionen-Zyklus.png?auto=format,compress)
Abbildung 2 in Anlehnung an Axmann, Harmoko 2021
Der offensichtliche Nutzen eines Automatisierungsvorhabens kann aus verschiedenen Kennzahlen entnommen werden, welche zum Beispiel aus der Verbesserung der Bearbeitungszeit, der Senkung der Kosten, der Steigerung der Einnahmen oder der Verbesserung der Genauigkeit hervorgehen. Nicht-messbarer Nutzen hingegen wird beispielsweise durch eine erhöhte Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit oder eine verbesserte Markenwahrnehmung gestiftet.
In der Bewertung der verfügbaren Technologien sollte berücksichtigt werden, ob beaufsichtige, unbeaufsichtigte oder eine Mischform beider Softwareroboter-Arten umgesetzt werden soll. Bei Prozessen, die bisher nicht oder nur teilweise digitalisiert sind, können weitere technologische Hürden, durch zum Beispiel die Einführung zusätzlicher Software, geschaffen werden. Unausgereifte Technologien bieten zwar die Chance, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil zu erzielen, bergen auf der anderen Seite jedoch auch höhere Risiken und höhere Zeitaufwände.
Die Benutzungsfreundlichkeit neuer Funktionalitäten wird im Allgemeinen als hoch bezeichnet, wenn diese einfach zu verstehen sind und die Anwendung ohne zusätzlichen Input durch beispielsweise eine Fachexpertise erfolgen kann. Im Zuge von RPA-Umsetzungen gilt es also, geeignete Software auszuwählen, die Anzahl der Roboter zu bestimmen und gegebenenfalls Fachwissen einzukaufen, um eine möglichst nutzungsfreundliche Umgebung zu schaffen.
So wie bei jedem Projekt entstehen auch bei RPA-Projekten Aufwände in der Bereitstellung von Personal,in der Vorbereitung und Organisation oder dem Aufbereiten von Daten. Da RPA in der Regel in bestehende IT-Systeme integriert werden kann sind Aufwände relativ gesehen kleiner als bei anderen Softwareeinführungen. Je nach zu automatisierendem Prozess können diese jedoch unterschiedlich hoch ausfallen und sollten aus diesem Grund in der Bewertung berücksichtigt werden.
Die offensichtlichste Kostenstelle eines RPA-Projekts sind die jährlich wiederkehrenden Lizenzkosten. Je nach den ausgewählten Automatisierungsvorhaben und der dazugehörigen Tool-Auswahl unterscheiden diese sich in Höhe und Zahlungsrhythmus. Der zweite große Kostenpunkt sind Instandhaltungs- und Wartungskosten. Diese sollten hauptsächlich berücksichtigt werden, um die Automatisierungen auf lange Sicht zu optimieren und zu skalieren. Je nach Komplexität der RPA und der damit einhergehenden Anzahl der Roboter entstehen höhere Instandhaltungskosten auf Unternehmensseite, welche ab einer gewissen Größe auch ausgelagert werden können.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass diese 5-Dimensionen von Axmann und Kollegen eine fundierte Grundlage schaffen, um sowohl messbaren als auch nicht-messbaren Nutzen von Automatisierungen zu erfassen.
Die Berücksichtigung verschiedener Technologieoptionen sowie die Einschätzung von Aufwänden und Kosten sind entscheidend für eine erfolgreiche Implementierung von RPA und sollten daher unbedingt bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Durch eine sorgfältige Abwägung in Form eines Business Case können Unternehmen das volle Potenzial von RPA ausschöpfen und langfristig von der Umsetzung profitieren.