
Zwischen Legacy und Lightning Speed: Warum Banken jetzt den Schalter umlegen müssen
Zwischen Regulierung, Digitalisierung und Fachkräftemangel steht der Finanzsektor an einem entscheidenden Wendepunkt: Jahrzehntealte Legacy-Systeme stoßen an ihre Grenzen, während agile FinTechs zunehmend Marktanteile gewinnen. Erfahren Sie, wie Banken dieser Dynamik begegnen, mit DORA, ESG und Basel IV souverän umgehen – und gestärkt aus dem Wandel hervorgehen können.
Es ist 9:02 Uhr in einer deutschen Bank. Die Kaffeemaschine läuft, die Prozesse auch – aber nicht immer rund. Während draußen FinTechs mit drei Klicks Kreditentscheidungen treffen, rattern in den Hinterzimmern die Excel-Makros durch jahrzehntealte IT-Landschaften, gestützt von legacybasierten Workarounds.
Willkommen in der Realität der Bankenbranche – einer Branche, die wie kaum eine andere im Spannungsfeld von regulatorischem Druck, digitaler Disruption und dem eigenen Anspruch steht, verlässlich zu bleiben und zugleich zukunftsfähig zu werden.
Banken stehen an einem Wendepunkt
Was sich heute deutlich zeigt, ist kein bloßer „Optimierungsbedarf“. Es ist ein strategischer Wendepunkt – vergleichbar mit den fundamentalen Transformationen anderer Schlüsselindustrien in disruptiven Phasen. Drei dominante Herausforderungen prägen das Spielfeld:
• Regulatorische Komplexität: DORA, ESG, Basel IV – neue Anforderungen verlangen messbare Transparenz, umfangreiche Kontrollmechanismen und revisionssichere Prozesse.
• Wachsender Wettbewerbsdruck: FinTechs, Neobanken und Hyperscaler setzen neue Standards bei Time-to-Market und Customer Experience.
• Strukturelle Barrieren: Fragmentierte IT-Architekturen, Silodenken und Ressourcenengpässe verhindern oft die notwendige End-to-End-Transformation.
Und dennoch: Banken verfügen über ein wertvolles Asset – tiefgreifendes Prozess-Know-how, historisch gewachsen und regulatorisch geschärft. Doch dieses Potenzial muss neu orchestriert werden. Klassische Effizienzinitiativen greifen zu kurz. Es braucht ein radikales Re-Design von Prozessen entlang echter Kundenerlebnisse, gestützt durch modulare IT-Architekturen und klare Governance.
Unsere Erfahrung aus Transformationsprojekten zeigt, dass erfolgreiche Banken auf drei starke Hebel setzen:
1. Outcome-orientierte Prozessoptimierung statt Detailverliebtheit im Mikromanagement
2. Digitale Beschleunigung mit Impact – vom MVP zur skalierbaren Lösung in unter sechs Monaten
3. Empowered Execution – Change Ownership verankert in cross-funktionalen Teams mit klarer Zielarchitektur
Warum ist das so? Welche Rahmenbedingungen sind entscheidend? Und was sind aus Sicht von Cassini Consulting die größten Herausforderungen – aber auch konkrete Lösungswege?
Verfolgen Sie unsere Artikelreihe. In dieser werden wir unsere Erfahrungen aus der Beratungspraxis teilen und einen tieferen Blick auf die Herausforderungen der nahen Zukunft werfen. Wir wollen diskutieren, wie Digitalisierung und Optimierung den Bankensektor bis 2030 verändern werden. In diesem initialen Beitrag beschreiben wir den Status quo und liefern Ihnen Empfehlungen, wo Sie jetzt handeln sollten, um sich für die Zukunft zu positionieren.
Zwischen Regulierung, Legacy und Kundenanspruch: Die Lage der Banken
Der Finanzsektor steht derzeit vor einer Vielzahl ineinandergreifender Herausforderungen. Zum einen steigt der regulatorische Druck – Regularien wie DORA, ESG-Vorgaben oder Basel IV verlangen umfassende, transparente, standardisierte und belastbare Prozess- und IT-Strukturen. Zum anderen bleibt der wirtschaftliche Druck durch weiterhin schrumpfende Margen und volatile Märkte hoch.
Außerdem sind die IT-Infrastrukturen und Prozesse vieler Banken über Jahrzehnte gewachsen und sind oft fragmentiert, redundant und starr. Allerdings müssen wir davon ausgehen, dass die Prozesse aus Sicht der Institute optimiert worden sind – teils in maximaler Genauigkeit auch in Folge der regulatorischen Anforderungen.
Hinzu kommt die wachsende Erwartungshaltung der Kund*innen, die nahtlose, digitale und individualisierte Services als Standard betrachten – beschleunigt durch neue Player wie FinTechs und Start-ups, die mit innovativen Modellen und kurzen Umsetzungszyklen agieren. Zudem führt der demografische Wandel weiterhin zur Zunahme des Fachkräftemangels im Prozess-, IT- und Regulatorik-Bereich vieler Institute.
Intern erschweren begrenzte Ressourcen, fehlende Priorisierung und Silodenken eine konsistente und skalierbare Umsetzung von Veränderungsprojekten. Diese Gemengelage zeigt: Klassische Ansätze greifen zu kurz – es braucht ein Umdenken bei Prozessen, Organisation und der Steuerung des Veränderungsprozesses. Für Banken ist dabei die eigene Marktpositionierung entscheidend für die Zukunft.
Kundenzentrierung durch digitale Services als Differenzierungsmerkmal
Bankkundinnen und -kunden erwarten heute digitale Erlebnisse, die intuitiv, personalisiert und rund um die Uhr verfügbar sind – sei es durch Mobile Banking, Self-Service-Portale oder KI-gestützte Beratung. Wer diese Erwartungen nicht erfüllt, riskiert den Verlust von Marktanteilen an innovative Wettbewerber mit überlegenen digitalen Angeboten. Die konsequente Ausrichtung aller Prozesse auf den Kundennutzen wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor.
Datenintelligenz als strategisches Kapital
Daten sind längst mehr als ein Nebenprodukt operativer Prozesse – sie entwickeln sich zur zentralen Ressource für Wertschöpfung. Banken, die Daten strukturiert erfassen, analysieren und nutzbringend einsetzen, verschaffen sich klare Vorteile: etwa bei der Risikosteuerung, im Vertrieb oder im regulatorischen Reporting. Der Wandel von reaktiven Systemen hin zu proaktiven, KI-gestützten Plattformen ist dabei eine zentrale Voraussetzung für datenbasierte Geschäftsmodelle.
Plattformstrategien und Open Banking als Wachstumstreiber
Die Öffnung der eigenen Infrastruktur gegenüber Drittanbietern und Partnern schafft Zugang zu neuen Kunden, Märkten und Innovationen. Banken wandeln sich vom reinen Produktanbieter zur Plattform – mit einem breiteren Leistungsangebot, erhöhter Reichweite und stärkerer Kundenbindung. Open Banking ist dabei nicht nur eine regulatorische Anforderung, sondern ein strategischer Hebel für zukunftsorientierte Geschäftsmodelle.
Effizienzgewinne durch Automatisierung und Cloud-Technologien
Steigende Kosten, erhöhter Margendruck und wachsende Komplexität erfordern eine konsequente Digitalisierung der internen Wertschöpfung. Technologien wie Robotic Process Automation, Workflow-Engines und Cloud-basierte IT-Architekturen ermöglichen erhebliche Effizienzgewinne. Gleichzeitig mindern veraltete Legacy-Systeme die Innovationsfähigkeit – ihre Ablösung ist essenziell, um Transformation und Time-to-Market zu beschleunigen.
Cybersecurity und regulatorische Resilienz als Vertrauensbasis
Im digitalen Banking ist Vertrauen ein zentraler Erfolgsfaktor. Sicherheit, Datenschutz und regulatorische Konformität sind nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch entscheidend für die Kundenbindung. Der Aufbau resilienter Infrastrukturen und die Implementierung von Compliance-by-Design-Prinzipien sichern langfristig Markt- und Reputationsvorteile.
Die digitale Transformation verändert den Bankensektor grundlegend. Neue Wettbewerber, technologische Innovationen und steigende Kundenerwartungen zwingen etablierte Institute, ihre Geschäftsmodelle, Prozesse und IT-Architekturen neu zu denken. Dieser Beitrag formuliert fünf zentrale Thesen, die den Weg zu einer zukunftsfähigen Bank weisen:
- Kundenzentrierung durch digitale Services
Kundinnen und Kunden erwarten personalisierte, intuitive und jederzeit verfügbare digitale Angebote. Wer diese Anforderungen nicht erfüllt, verliert Marktanteile an agile FinTechs und digitale Plattformanbieter. Die konsequente Ausrichtung aller Kanäle und Services auf den Kundennutzen ist längst keine Kür mehr – sondern Pflicht. - Daten als strategisches Kapital
Daten ermöglichen fundierte Entscheidungen in Risikomanagement, Vertrieb und Compliance. Erfolgreiche Banken entwickeln sich zu datengetriebenen Organisationen mit KI-gestützten Plattformen, die vorausschauend agieren, statt bloß zu reagieren. - Open Banking und Plattform-Ökosysteme
Die Zukunft gehört offenen, vernetzten Geschäftsmodellen. Banken, die sich für Drittanbieter und Partner öffnen, erschließen neue Ertragsquellen, steigern ihre Innovationskraft und erhöhen ihre Reichweite. Plattformstrategien lösen traditionelle Produktlogiken zunehmend ab. - Effizienz durch Automatisierung und Cloud-Technologien
Moderne Technologien wie RPA und Cloud-IT senken Kosten und beschleunigen Prozesse. Die Ablösung veralteter Legacy-Systeme ermöglicht digitale Skalierung und Innovationsfähigkeit. - Cybersecurity und regulatorische Resilienz
Vertrauen ist die Basis digitaler Geschäftsmodelle. IT-Sicherheit und regulatorische Konformität sichern Marktposition und Reputation. Investitionen in Resilienz und Compliance-by-Design sind unverzichtbar.
Wer heute nicht handelt, verliert morgen den Anschluss
Untätigkeit im Angesicht tiefgreifender Marktveränderungen gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit – kurzfristig im operativen Geschäft, langfristig in der strategischen Positionierung.
Technologiekonzerne wie Apple, Google oder Amazon sowie agile FinTechs bieten bereits heute benutzerfreundliche, digital optimierte Finanzdienste – schnell, flexibel und exakt auf Kundenbedürfnisse zugeschnitten. Ohne eigene digitale Weiterentwicklung droht etablierten Banken der Rückfall in die zweite Reihe oder sogar der vollständige Marktaustritt.
Parallel dazu schwindet das Vertrauen der Kundschaft, insbesondere jüngerer Kund*innen. Diese erwarten nahtlose, mobile und personalisierte digitale Services. Banken, die diese Erwartungen nicht erfüllen, gelten schnell als rückständig – ein Reputationsrisiko, das langfristige Kundenbeziehungen gefährden kann.
Operative Schwächen durch veraltete Strukturen
Auch auf der operativen Ebene ergeben sich schwerwiegende Folgen: Veraltete IT-Infrastrukturen und nicht automatisierte Prozesse führen zu höheren Betriebskosten, längeren Bearbeitungszeiten und geringerer organisatorischer Agilität. Die Folge: Banken reagieren zu langsam auf Marktveränderungen und verlieren an Effizienz.
Zudem steigt das Risiko regulatorischer Verstöße, wenn Prozesse nicht digitalisiert und standardisiert sind. Analoge oder manuelle Abläufe sind fehleranfällig und erschweren die lückenlose Einhaltung gesetzlicher Anforderungen – mit potenziell gravierenden rechtlichen und finanziellen Konsequenzen.
Nicht zuletzt führt die mangelnde Anpassung an digitale Geschäftsmodelle zu sinkenden Margen und steigendem Ertragsdruck. Traditionelle Einnahmequellen wie Filialgeschäft oder Kontoführungsgebühren verlieren an Bedeutung, während moderne, digitale Services neue Ertragsquellen erschließen – jedoch nur für jene Institute, die diese aktiv gestalten.
Transformation als kontinuierlicher Erfolgsfaktor
Die digitale Transformation ist ein kontinuierlicher Prozess. Wer sich frühzeitig strategisch positioniert, Technologie intelligent einsetzt und den Kundennutzen in den Mittelpunkt stellt, kann die Herausforderungen des Wandels nicht nur bewältigen, sondern aktiv für Wachstum und Differenzierung nutzen. Entscheidend ist ein integrativer Ansatz – von der Geschäftsstrategie über die Prozesslandschaft bis zur technologischen Umsetzung.
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