Exit Management
Risiken minimieren

Fünf zentrale Aspekte des Exit-Managements bei IT-Sourcing-Projekten

Jeder Outsourcing-Vertrag wird früher oder später gekündigt. Der Ausstieg aus dem Vertrag kann dabei teuer werden und die Ziele der Auftraggebenden gefährden. Um dieses Risiko von vornherein zu minimieren, ist eine frühzeitige und konsequente Regelung des Exit-Managements notwendig.

Ein IT-Sourcing-Projekt ist für ausschreibende Unternehmen ein meist ungewohntes und aufwändiges Unterfangen. Der Blick der Organisation zeigt geradewegs in die Zukunft. Ziele werden definiert, Dokumente erarbeitet, Spielregeln formuliert. Ein Blick „aus dem Fenster“ zeigt jedoch: Es existiert noch ein weiterer Spieler. Der Bestandsdienstleister ist ein wichtiger Erfolgsfaktor im Rahmen des Sourcing-Projekts und der danach folgenden Vertragsumstellung. Dieser ist sich seiner Stellung wohl bewusst, wenngleich sein Interesse an einem Projekterfolg des Sourcing oder der Transition nicht zwingend gegeben sein muss.

Um Auftraggebende vor etwaigen Risiken zu schützen, sind Regelungen zum Exit-Management frühzeitig vertraglich zu regeln. Dabei ist es einerseits essenziell zu wissen, welche konkreten Regelungen zu treffen sind und andererseits wann diese bestmöglich verhandelt werden. Dieser Artikel stellt fünf zentrale Aspekte des Exit-Managements vor und gibt einen Einblick in mögliche Fallstricke, um das Risiko für Auftraggebende zu minimieren.

1. Unterstützung der Ausschreibung

Mit Vergabe von IT-Leistungen ist immer auch ein Know-how-Verlust verbunden. Je nach Ausprägung liegen Informationen, Daten und Know-how auf Auftraggebendenseite nicht mehr vor. Entsprechend ist eine Unterstützung des Bestandsdienstleisters bei der Ausschreibung notwendig.

Zentrale Unterstützungsleistungen während der Ausschreibungsvorbereitung ist die Bereitstellung von Informationen zur Ist-Situation. Angaben zum Sizing der Infrastruktur, Lizenzvolumina oder Architektur-Darstellungen sind hier relevante Informationen. Im weiteren Verlauf der Ausschreibung sind die Beantwortung von technischen Bieterfragen oder die Unterstützung einer Due Diligence hervorzuheben.

Dabei sollte stets geprüft werden, ob die entsprechende Unterstützungsleistung bereits über vertragliche Basisleistungen (d. h. ohne zusätzliche Kosten) innerhalb der Einzelverträge abgedeckt ist. Sofern dies nicht der Fall ist, ist eine separate Beschreibung im Rahmen des Exit-Managements zwingend erforderlich.

2. Übergabe von Assets und Dokumentationen

Spätestens zum Vertragsende, bestenfalls mit der Vorbereitung der Transition zum neuen Dienstleister, ist die Übergabe von vorhandenen Assets und Dokumentationen relevant. Zu relevanten Assets zählen neben Hardware, Lizenzen, Wartungs- und Leasingverträgen auch Passwörter, Quellcodes und Dokumentationen. Zum einen können Kosteneinsparungen durch die Weiterverwendung von Hardware erzielt werden. Zum anderen sind die Quell- und Betriebsdokumentationen essenziell zur Aufrechterhaltung der Betriebsstabilität.

Das Exit-Management muss die Rechte der Auftraggebenden zur Übernahme relevanter Assets klar definieren. Dazu zählt das Recht zur Übernahme von Wartungs- und Leasing-Verträgen sowie von Hardwarekomponenten. Weiterhin ist die Herausgabe von Auftraggeber-spezifischen Arbeitsergebnissen und Informationen (z. B. Betriebsdokumentationen, Passwörter, Konfigurationen und Scripte) festzuhalten.

Gute vertragliche Regelungen geben den Auftraggebenden Flexibilität im Rahmen des Providerwechsels und sichern sie gleichzeitig vor Risiken der Betriebsstabilität oder Zusatzkosten ab.

3. Mitarbeit bei der Transition

Auch im Rahmen der Transition zum neuen Dienstleister wird die Unterstützung des Bestandsdienstleisters benötigt. Dabei ist zu beachten, dass dieser gerade erst den Auftraggeber als Kunden verloren hat. Dies bedeutet Umsatz- und Reputationsverlust auf Ebene der Organisation, aber gegebenenfalls auch auf persönlicher Ebene. Nicht selten werden Entscheidungen dieser Phase durch Emotionen geleitet. Glücklich ist demnach, wer sein Exit-Management bereits unterschrieben und gut geregelt weiß.

Die Tätigkeiten während der Transition sind für den Erfolg des Projekts elementar. Technische Unterstützungsleistungen sind dabei nur einige Aspekte, wie z.B. die Kopplung der Rechenzentren über die Bereitstellung von Zugängen zu Systemen oder die Erstellung von Backups und Systemkopien im Rahmen der Migration . Die Teilnahme an Workshops zur Migrationsplanung und -durchführung sowie der Wissenstransfer, z. B. durch Shadowing-Phasen, sind weitere Erfolgsfaktoren.

Unklare Regelungen in Kombination mit einer emotionalen, schlechten Stimmung sind erfolgskritische Risiken für jede Transition, bei der Zeit und Geld meist stringent geplant sind.

4. Weiterführung der IT-Leistungen nach Vertragsende

Während der Ausschreibung erbringt der Bestandsdienstleister weiterhin die vereinbarten IT-Leistungen gemäß Serviceumfang und Servicequalitäten über den Bestandsvertrag. Mit übermittelter Kündigung ist der Endpunkt des Vertrags zeitlich fixiert. Damit einher geht auch der letzte Meilenstein des Transitionsprojekts. Doch dass diese beiden Zeitpunkte für die Auftraggebenden in der gewünschten Reihenfolge liegen, ist nicht in Stein gemeißelt.

Auch hier können vertragliche Regelungen zur (teilweisen) Weiterführung von IT-Leistungen für das Exit-Management den Auftraggebenden Flexibilität verschaffen. Inhalt dieser Regelungen sollten die Spielregeln (das heißt Fristen, Umfänge, Qualitäten, Kosten und Prämissen) sein, auf welche sich beide Parteien verständigen.

Erfahrungsgemäß sind Bestandsdienstleister nahezu immer in der Lage, einen (Rumpf-)Betrieb aufrecht zu erhalten. Aber auch dies kann aus objektiven Rahmenbedingungen heraus nicht möglich sein (z. B. Kündigung von Rechenzentrumsflächen). In beiden Fällen kommen auf die Auftraggebenden signifikante, nicht planbare Kosten zu. Die verheerende Verhandlungsposition für entsprechende Notlösungen ist offensichtlich. Daher sind auch hier rechtzeitige und umfangreiche Regelungen angeraten.

5. Vergütung

Aufraggebende müssen sich bewusst sein, dass ein gutes Exit-Management eine qualitativ hochwertige Leistung darstellt. Entsprechend ist eine Vergütung der zusätzlichen Leistungen notwendig und richtig. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Alle vereint, dass eine frühzeitige Einigung die gewünschte Klarheit für Budgets und Sicherheit für beide Parteien schafft.

Grundsätzlich sollte es das Ziel sein, einen Großteil der anfallenden Aufwände für die Auftraggebenden kalkulierbar zu machen. Dies kann im Rahmen eines Festpreises für definierte Leistungen gelingen, aber auch durch die Abgeltung im Rahmen der Betriebspreise über die Vertragslaufzeit.

Für weitere Aufwände sollten die geltenden Stunden- und Tagessätze als Grundlage verwendet werden und ausreichende Puffer im Transitionsbudget vorgesehen werden. Die Markterfahrung zeigt, dass Schätzungen der Bietenden im Rahmen der Ausschreibung deutlich zu tief angesetzt sind.

Fazit

Ein gutes Exit-Management Regelwerk ist mit Abschluss des Vertrages implementiert. Es beschreibt den gemeinsamen Umgang im Falle einer Vertragsbeendigung in einer angemessen Regelungstiefe und schafft Klarheit. Zentrale Aspekte sind die Übergabe von Assets und Dokumentationen, die Mitarbeit an der Transition, die Spielregeln für einen außerplanmäßigen Weiterbetrieb sowie die Unterstützung bei der Ausschreibung. Die Fixierung der Vergütung schafft weitere Klarheit und entlastet das Budget. Dadurch lassen sich die negativen Auswirkungen von Risiken während des Dienstleisterwechsels deutlich reduzieren.

Artikel von:
Christoph Adamitz, Cassini Consulting
Christoph Adamitz
Management Consultant
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