Pönalregelungen bei IT-Dienstleisterverträgen
Verträge effektiv und nachhaltig gestalten

Fallstricke von Pönalregelungen bei IT-Dienstleisterverträgen

Kennen Sie das? Erst haben Sie wochenlang mit dem neuen Dienstleister die Verträge im IT-Umfeld verhandelt, dann erfolgreich Ihre Transitions- und Migrationsprojekte durchgeführt und nach dem „Go-Life“ merken Sie, dass der neue Dienstleister Monat für Monat nicht die geschuldete Service-Qualität erbringt und die vereinbarten Service Level reißt? Dies kann neben qualitativen und kommerziellen Herausforderungen auch für alle Beteiligten schnell zu einer frustrierenden und langwierigen Angelegenheit werden. 

Um in solchen Situationen das partnerschaftliche Verhältnis nicht weiter zu strapazieren, ist es wichtig bereits in der Verhandlungsphase entsprechende Strukturen und Mechanismen zu definieren, abzustimmen und diese als festen Bestandteil im Vertragswerk zu verankern. Eine gängige Maßnahme hierzu ist die Vereinbarung von Pönalen im Falle einer Nichterreichung von zusagten Vertragsinhalten.  

Pönale - Begrifflichkeit und Einsatzbereiche

Der Begriff „Pönale“ leitet sich vom lateinischen „poenalis“ ab, welches so viel wie „die Strafe betreffend“ bzw. poena „die Strafe“ bedeutet. Laut Duden versteht sich hierunter die Vereinbarung einer „Strafgebühr“ oder eines „Strafgelds“. Im vertraglichen Kontext ist sie häufig auch als „Konventions- oder Vertragsstrafe“ bekannt. Zum Tragen kommt sie dann, wenn – vereinfacht und ohne juristische Gewähr gesagt –, die eine Vertragspartei nicht die vertraglich vereinbarte Leistung in den vertraglich definierten Parameter gegenüber der anderen Partei erbringt (im Sinne: „Pacta sunt servanda“ = Verträge sind einzuhalten).

Insbesondere in großen Konzernen sind Pönalen ein dabei probates Mittel und finden sich in einer Vielzahl von Verträgen wieder. Zurückhaltender sind hier entgegen die Unternehmen des deutschen Mittelstandes, wobei die Gründe hierfür mannigfaltig sind.
Einige sprechen von zahnlosen Tigern, andere sehen darin eine Konterkarierung der Vertragsbeziehung auf Augenhöhe. Doch tatsächlich ist die Pönalregelung in der Praxis nicht nur ein wirksames und vielseitig im IT-Umfeld erprobtes Mittel zur Steuerung und Motivation des Dienstleisters. 

Insbesondere in aktuell wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist das Maß der Pönalisierung entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg der Partnerschaft. Auf der einen Seite benötigt ein Dienstleister kalkulatorische Sicherheiten für die Leistungserbringung. Auf der anderen Seite benötigt der Auftraggeber eine Absicherung, nur jene Leistungen zu zahlen, welche auch vertragskonform erhalten werden.

Durch die Definition von Mess- und Bewertungskriterien in den einzelnen Verträgen und Leistungsscheinen tragen Pönalregelungen zu einem gemeinsamen transparenten und einheitlichen Verständnis zur vereinbarten Leistung bei. Ebenfalls unterstützen sie die Vertragsparteien auch entsprechende Prioritäten abzuleiten. Somit können die gemeinsame Kommunikation und Definition von Inhalten vor Vertragsabschluss ein klares Verständnis, zwischen dem in der Theorie gewünschten und in der Praxis realisierbaren Leistungsgegenständen darstellen. 

Sie können Risiken und Kosten für die Parteien kalkulierbarer gestalten, die Planungssicherheit erhöhen und als Grundlage zur Entwicklung weiterer präventiver Maßnahmen zur Sicherung der Service-Level-Qualität dienen. 

So können Sie Pönalregelung effektiv und nachhaltig gestalten

Tipps, wie Sie eine solche Pönalregelung gestalten, ohne, dass Sie sich zugleich in ein zu enges Vertrags-Korsett schnüren:

  1. Konkret und Interpretationsfrei
    Verwenden Sie einheitliche und vertraglich definierte Begriffe und Formulierungen, um spätere Auslegungs- und Interpretationsspielräume vorzubeugen und vertragliche Diskussionen im Regelbetrieb zu verkürzen. Vermeiden Sie beispielsweise Formulierungen, wie die klassische „und / oder“ Formulierung, nach der erfahrungsgemäß im Regelbetrieb Diskussionen geführt werden, ob nun beide oder nur einer der beiden genannten Tatbestand vorliegend zur Erfüllung der Voraussetzungen zur Pönalzahlung erfüllt sein müssen. Auch sollten Sie in Ihrem Glossar alle Begrifflichkeiten mit aufnehmen, welche nicht oder nicht eindeutig durch allgemeingültige Definitionen am Markt definiert sind. Dies erspart Ihnen ebenfalls zähen Abstimmungs- und Anpassungsbedarf zu Ihren Vertragsdokumenten im Nachgang des Vertragsschlusses.
  2. Zielorientiert und risikobewusst
    Machen Sie sich bewusst, welches Ziel Sie mit der Pönalregelung verfolgen und welche Risiken dem Vertrags- bzw. Verhandlungspartner hierdurch entstehen. Denn, Sie wollen den künftigen Dienstleister nicht durch eine finanzielle Ausgleichssumme im Rahmen der Pönalregelung bestrafen. Vielmehr wollen Sie Ihr Unternehmen mit Ihren Systemen und den Regelbetrieb absichern und bspw. vor finanziellen Ausfällschäden schützen. Ein vor der Vertragsverhandlung durchgeführtes Listen und Bewerten der Kritikalität der Systeme und Anwendungen kann hierbei helfen, in den Gesprächen zu einer tragbaren und nachhaltigen Pönalregelung zu gelangen. Ebenfalls sollten Sie hierdurch, mögliche und durch die Pönalregelung relevante, finanzielle Risikoaufschläge des Vertragspartners minimieren können.
  3. Lösungsoffen und kompromissbereit
    Bleiben Sie für Kompromisse und alternative Lösungsvorschläge offen. Fokussieren Sie sich nicht nur auf die Durchsetzung bestimmter Formulierungen in der Pönal-Klausel, sondern behalten Sie auch die mit der Formulierung verbundenen Auswirkungen Ihres Gegenübers im Blick. Kann der Dienstleister Ihre Forderungen und mit der Regelung verbundenen Kriterien erfüllen? Welche Maßnahmen hat der Vertragspartner für Ihre Zielerreichung ggf. noch zu ergreifen? Muss er beispielsweise seine Versicherungssumme erhöhen, um sich gegen mögliche Pönalzahlungen entsprechend abzusichern? Auch solche Faktoren werden sich – insbesondere finanziell – auf Vertragsverhandlungen auswirken. Bleiben Sie hier offen. Prüfen Sie auch Alternativvorschläge und Lösungsansätze, die z. B. nicht auf eine finanzielle Ausgleichssumme abzielen, sondern bspw. auf einem „personellen Freikontingent“ beruhen. 

Sie haben weitere Fragen?

Für den Erhalt weiterer Möglichkeiten und Ideen oder einem gemeinsamen Austausch zum Einsatz und der Gestaltung von Pönal-Klauseln in Dienstleisterverträgen, kommen Sie gerne auf mich zu.