Puzzleteile: Organisationsentwicklung und Veränderungsmanagement
Vorgehen mit Modellcharakter

Perfect Match – Organisationsuntersuchung mit dem Lean Change Cycle

Die Neugestaltung von Aufbau- und Ablauforganisation der öffentlichen Verwaltung geht immer mit Veränderung einher! Dies gilt sowohl für die gesamte Staatsverwaltung auf Makroebene als auch strukturell für einzelne Behörden als in sich abgeschlossene Organisationen. Der folgende Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie Organisationsentwicklung und Veränderungsmanagement erfolgreich zusammenbringen können.

Konkrete Auslöser für Änderungen von Aufbau- und Ablauforganisation sind vielfältig: Gesetzesänderungen, Positionswechsel wie z. B. nach Wahlen oder sonstige politische sowie individuelle Entscheidungen der Führungsriege um nur einige Beispiele zu nennen. Bei Änderungen des Aufbaus und Ablaufs von Behörden und Organisationseinheiten wird in der Praxis abhängig vom konkreten Auslöser meist Top-Down vorgegangen. Doch trifft das noch den Zahn der Zeit?

Wir haben uns gefragt, ob die zumeist klassisch durchgeführten Organisationsentwicklungsmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung nicht enger mit dem Thema Veränderungsmanagement zusammen gedacht werden müssen und welche agilen, zukunftsweisen Ansätze infrage kommen. Dazu zunächst eine kurze Darstellung der Organisationsuntersuchung als Teil der -entwicklung und dem bewährten Vorgehensmodell im Veränderungsmanagement, dem Lean Change Cycle.

Shortcut Organisationsuntersuchung

Die Organisationsentwicklung ist ein geplanter langfristiger Prozess der Veränderung und Weiterentwicklung einer Organisation. Behörden führen in diesem Rahmen nach konkretem auslösendem Ereignis typischerweise Organisationsuntersuchungen durch, indem sie systematisch Organisationen oder Teile von Organisationen betrachten mit dem Ziel, nach einer Analyse ein Optimierungskonzept für die jeweilige Aufgabenerfüllung zu erarbeiten. Gegenstand einer Organisationsuntersuchung sind insbesondere Aufgaben, Prozesse, Strukturen und der Personalbedarf.

Quelle: https://www.orghandbuch.de/OHB/DE/OrganisationshandbuchNEU/orghandbuchNeu-node.html

Shortcut Lean Change Cycle

Der Lean Change Cycle ist ein nichtlineares und feedbackgetriebenes Modell für das Management von Veränderungen. Dabei wird der Fokus weniger auf eine strukturierte Vorab-Planung gelegt, sondern die Einbeziehung der Beschäftigten in den Vordergrund gesetzt. Das inkrementelle und iterative Vorgehen gliedert sich dabei in drei unterschiedliche Phasen:
Insights: Bevor eine Veränderung geplant werden kann, muss der aktuelle Zustand der Organisation verstanden werden. Dabei werden durch die Change-Beteiligten Hypothesen formuliert, die Aufschluss über das vorhandene Problem geben und diese im weiteren Verlauf evaluiert.  
Options: Aus formulierten Hypothesen werden dann Optionen abgeleitet, wie und was verändert werden kann. Dabei geht es im ersten Schritt eher um die Generierung möglichst vieler Optionen in einer Art Brainstorming, die danach gruppiert und bewertet werden. 
Experiments: Sobald verschiede Optionen in Betracht gezogen wurden und eine erste Validierung stattgefunden hat, ist es an der Zeit, eine Veränderung einzuführen und zu sehen, ob diese realisierbar ist. In einem Sub-Cycle werden die Experimente verprobt:

  • Prepare: Der Change wird in möglichst kleine Teile zerlegt und der Zielzustand anhand von Hypothesen und zugehörigen Messgrößen definiert. 
  • Introduce: Teile des Changes werden umgesetzt. 
  • Review: Die Hypothesen werden anhand der Messgrößen überprüft und die nächsten Schritte abgeleitet.

Wir stellen die These auf, dass die Themenbereiche der Organisationsuntersuchung und des Veränderungsmanagements nicht mehr lediglich nebeneinander koexistieren können, sondern zwingend miteinander zu verknüpfen sind. In der Umsetzungspraxis werden die beiden Themen jedoch oftmals autark behandelt und der ursprüngliche Projektauslöser überschattet eine veränderungsfreundliche Vorgehensweise im Wandel der Organisationen.

Dazu gehört, dass Neuorganisationen mehr als das Entwerfen eines neuen Organigramms oder das Abbilden von Prozessmodellen beinhalten. Behörden und Organisationseinheiten sind gezwungen, ihre Organisationsstrukturen und Prozesse an die sich ständig ändernden externen Einflussfaktoren anzupassen, wie beispielsweise während der Corona-Pandemie. Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass alle Individuen in diesen Organisationen den Wandel begrüßen. Es ist demzufolge wichtig, sowohl die Individuen in einer Organisation durch ein geordnetes Veränderungsmanagement aufzufangen als auch die Veränderungen der Gesamtorganisation in Organisationsuntersuchungen gleichzeitig zu betrachten und diese miteinander zu verknüpfen.  

Stellen Sie Beschäftigte in den Mittelpunkt.

Ähnlich zu der Bürgerzentrierung bei Themen rund um das Onlinezugangsgesetz sind bei Projekten, die sich mit internen Abläufen und dem Aufbau der Verwaltung befassen, die Beschäftigten Ausgangspunkt der Betrachtung. Beispielsweise wird bei einer Personalbedarfsermittlung klassischerweise berechnet, wie viele Stellen in Zukunft für die Erledigung der Aufgaben benötigt werden. Hierbei ist jedoch nicht zu vernachlässigen, dass die aktuellen Mitarbeitenden einen Personalaufbau und die Organisationsstrukturen auch mitgestalten und mittragen müssen. Denn diesen Wandel finden nicht alle Beschäftigten gut. Andere Beschäftigte haben hingegen schon lange auf einen solchen Wandel gewartet und treiben diesen mit an. 

Ein wichtiges Schlagwort im Rahmen der Projektarbeit in der Zukunft wird hierbei die Mitarbeitendenzentrierung. Eine Organisationsuntersuchung sollte nicht ergebnisgetrieben Top-Down verlaufen, sondern sowohl Top-Down-Elemente als auch Bottom-Up-Elemente beinhalten. 

Im Projektkontext beginnt ein Organisationsprojekt immer mit einem initialen Trigger. Ein Beispiel könnte sein, dass die Struktur der Behörde gewachsen ist, allerdings damit einhergehend auch ein Gefühl der Ineffizienz vorherrscht. Da die Abteilungen immer sehr unterschiedlich ausgeprägt sind und verschiedene Key-Player mit eigenen Vorstellungen, Know-how, Erfahrungen und Stärken in der Abteilung agieren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Zielbild, dass die Abteilungsleitung im Kopf hat, das geeignetste ist. Aufgabe der Führungskräfte ist, den Rahmen zu schaffen, um zum Beispiel in Workshops gemeinsam die bestmögliche Version der Aufbau- und Ablauforganisation der Verwaltung zu gestalten. Organisatorische Änderungen der Zukunft gestalten daher sowohl die Beschäftigten als auch die Führungskräfte.

So werden die zu betrachtenden Organisationseinheiten und deren Abläufe effektiver und effizienter gestaltet, der Personaleinsatz sachgerecht geplant sowie Digitalisierungspotenziale gehoben. Wie diese in der Verwaltungspraxis neue Art von Organisationsprojekten zum Erfolg führt, zeigt das Vorgehensmodell im nächsten Abschnitt.

Dialog

Cassini-Ansatz: Lean Organisational Change

Um Veränderungen in Organisationen, gerade im Kontext von Digitalisierungsprozessen, ganzheitlich, humanzentriert und erfolgreich durchzuführen, ist es empfehlenswert, eine unabhängige Begleitung hinzuzuziehen. Eine partizipative Organisationsuntersuchung, Organisationsentwicklung und Veränderungsmanagement führen dazu, dass die Betroffenen die Notwendigkeit der Veränderung nachvollziehen und verstehen können und so zu Beteiligten des Veränderungsprozesses werden. Der Begriff Veränderungsmanagement impliziert jedoch, Veränderungen auch in hochkomplexen Strukturen kontrollieren und steuern zu können. Dies ist nur bis zu einem gewissen Maße möglich. 

Somit empfiehlt sich ein Vorgehen in Anlehnung an das adaptive Change Enablement: Hierbei werden die Stakeholder aller Ebenen mit entsprechendem Wissen und Kompetenzen befähigt. Diese gestalten dadurch den Veränderungsprozess fortwährend und konsequent aktiv mit. Dabei wird der Fokus primär auf Ermöglichung und Mitgestaltung und weniger auf Widerstände und deren Beseitigung gelegt. Um die Betroffenen einer organisationalen Veränderung in den Mittelpunkt der Untersuchung zu stellen, kann ein dem Lean Change Cycle entlehntes Vorgehen genutzt werden. Dieses setzt als ein nicht-lineares, feedbackgesteuertes Modell das Change Enablement in enges Zusammenspiel mit Maßnahmen der Organisationuntersuchung und Organisationsentwicklung. 

Die Phasen dieses Cycles werden als Einsichten, Optionen und Experimente bezeichnet und wiederholen sich fortwährend. In mehreren Sequenzen wird der Veränderungsprozess iterativ und inkrementell organisiert. Betroffene werden so zu Beteiligten, indem sie die Veränderung selbst erstellen und durchführen. Durch dieses Vorgehen wird eine deutlich höhere Akzeptanz des Wandels bei gleichzeitig besserer Umsetzung erreicht. Es gilt den, unter den komplexen Rahmenbedingungen zu erwartenden wechselnden Anforderungen, adaptiv begegnen zu können. Der Ansatz des Lean Organisational Change wird wie folgt dargestellt:

Cassini-Ansatz: Lean Organisational Change

Die Basis für den Start des Lean Change Cycle bildet dabei die vorgelagerte Organisationsuntersuchung. Anhand der identifizierten Verbesserungspotenziale und Schwachstellen innerhalb der betrachteten Organisation oder Organisationseinheit definieren Organisationsexperten und Führungskräfte Strukturen und Abläufe neu. Die Organisationsuntersuchung wird mithilfe klassischer Verfahren und Vorgaben (wie etwa des Organisationshandbuches des Bundes) durchgeführt. 

Agil zur neuen Organisation 

Anschließend beginnt die Umsetzung und der wichtige Change-Prozess anhand der nachgelagerten Lean Change Organisationsentwicklung. Dazu wird ein Lean Change Gremium ins Leben gerufen. Das Gremium ist in einer Matrixform organisiert und besteht aus einem Veränderungscoach, einem Organisationsexperten, Führungskräften und Beschäftigten, die Maßnahmen der Organisationsentwicklung diskutieren und zugehörige Entscheidungen treffen. Der Lean Change Organisationsentwicklungszyklus läuft wie folgt ab und wiederholt sich iterativ:

  • Im Rahmen der ersten Phase des Lean Change Cycle, den „Einsichten“, wird den betroffenen Mitarbeitenden die Möglichkeit geboten, Schritte der Umsetzung der Organisationsuntersuchung zu bewerten sowie organisatorische Herausforderungen und Probleme anzusprechen, die Auswirkungen auf ihre tägliche Arbeit haben. Dies wird im Sinne einer offenen Feedbackkultur im Lean Change Gremium in kurzen Abständen diskutiert. Eine Abfrage kann dabei beispielsweise zusätzlich über anonyme Umfragen, Workshops oder Einzelinterviews erfolgen. 
  • Die adressierten Informationen werden dann in den „Optionen“, der nächsten Phase des Lean Change Cylcle, betrachtet. Durch das Lean Change Gremium wird entschieden, welche Themen prioritär zu betrachten sind und beispielsweise vor dem Hintergrund rechtlicher Vorgaben oder anderer einflussnehmender Parameter als erstes umgesetzt werden sollten. Vor der Umsetzung werden Aspekte wie die Ressourcenverfügbarkeit für die jeweilige nächste Umsetzungsoption agil geschätzt und bewertet.
  • In der letzten Phase „Experimente“ gilt es dann, gemeinsam erarbeitete Optionen zu pilotieren. Hierbei werden durch das Lean Change Gremium regelmäßige Reviews mit den betroffenen Beschäftigten durchgeführt, um iterativ zu bewerten, ob die gewählten Optionen auf eine Verbesserung der Organisationstrukturen einzahlen und bereits schnelle Erfolge erreicht werden konnten oder ob Anpassungen erforderlich sind. Wichtig ist dabei das schnelle und ehrliche Lernen. Mitglieder des Lean Change Gremiums können mit unmittelbar Betroffenen kleine interdisziplinäre Umsetzungsteams bilden, die sich für den Zeitraum der Pilotierung in einen Experimentierraum begeben. Im Rahmen der Vorbereitung wird das Vorhaben heruntergebrochen und das Experiment geplant. Dafür werden Hypothesen aufgestellt und Messgrößen definiert. Anschließende wird das Experiment umgesetzt und die Ergebnisse in einem Review anhand der Hypothesen und Messgrößen bewertet. 

Die Learnings aus dem sich wiederholenden Lean Change Cycles werden also innerhalb des Lean Change Gremiums stetig aufgenommen, neu betrachtet und evaluiert. Hieraus wird abgeleitet, welche Ergebnisse in die Organisationsentwicklung ausgebaut, einbezogen oder depriorisiert werden. 

Ziel ist, dass im Lean Change Gremium Anforderungen und Wünsche platziert werden und zusammenlaufen, damit im Konsens entschieden werden kann, welche Maßnahmen am zielführendsten sind, um die in der Organisationsuntersuchung definierten Ziele und der strategischen Ausrichtung bestmöglich erfüllen zu können.

Jetzt loslegen!

Mit dem Ansatz des Lean Organisational Change etablieren Sie eine zukunftsweisende Organisationsentwicklungskompetenz in Ihrer Behörde, mit der Strukturen auf ihre Effektivität und Lernfähigkeit überprüft und im Sinne eines agilen Vorgehens weiterentwickelt werden. Der zentrale Mehrwert liegt unter anderem darin, dass Ihre Organisationsuntersuchung durch die professionelle agile Umsetzung mit frühzeitig sichtbaren Erfolgen auf breite Akzeptanz trifft und das Vorhaben auf die Etablierung einer offenen Fehler- und Feedbackkultur in Ihrer Behörde einzahlt. 

Sie sind interessiert daran, ihre nächste Organisationsuntersuchung mit dem Ansatz des Lean Organisational Change agil umzusetzen oder im Rahmen eines Pilotvorhabens zu erproben? Kommen Sie gerne auf uns zu!

Artikel von:
Murielle Ladebeck, Senior Consultant, Cassini Consulting
Murielle Ladebeck
Senior Consultant
Tanja Riesbeck, Cassini Consulting
Tanja Riesbeck
Senior Consultant
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