Veränderungsmanagement setzt bei den betroffenen Menschen an. Um ein Lieferantenmanagement aufzusetzen, welches den Anforderungen der Zielgruppen entspricht, ist eine aktive Integration der Beteiligten bereits vor der Einführung der neuen Abteilung notwendig.
Um die Einführung des Lieferantenmanagements zu begleiten, sollte entsprechend eines Veränderungsmanagementprozesses vorgegangen werden, wie beispielsweise dem 8-Stufen-Modell von John P. Kotter:
1. Gefühl der Dringlichkeit erzeugen
Bereits vor der Etablierung des Lieferantenmanagements ist es sinnvoll, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen Behörde die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Lieferantenmanagements zu verdeutlichen. In diesem Zuge kann beispielsweise auf die steigende Anzahl der Lieferanten, den erhöhten Koordinationsaufwand und die Mehrwerte des Lieferantenmanagements eingegangen werden.
2. Führungskoalition aufbauen
Weiterhin ist es notwendig, die Bedürfnisse aller Beteiligten (siehe Absatz: Wer ist die Zielgruppe?) zu berücksichtigen. In diesem Kontext ist eine Stakeholderanalyse zur Identifikation relevanter Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner besonders zielführend. Nach Abschluss der Stakeholderanalyse sollte eine diverse Führungskoalition gegründet werden. Diese sollte zwar aus Mitgliedern mit unterschiedlichen Hintergründen bestehen, aber unbedingt künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lieferantenmanagements umfassen. Weiterhin ist der Einbezug von Externen mit einem frischen sowie unvoreingenommenen Blick auf die Behörde und die Strukturen ratsam. Im Allgemeinen sollten die Mitglieder der Führungskoalition als Promotoren des Lieferantenmanagements verstanden werden.
3. Vision und Strategie des Wandels entwickeln
Es ist essenziell, die Beteiligten bereits vor der Einführung des Lieferantenmanagements zu integrieren. Dementsprechend sollten ausgewählte Anforderungsträger bereits vorab die Option haben, ihre Anforderungen, Wünsche und Ängste zu kommunizieren, sodass diese in der Vision und Strategie Berücksichtigung finden können. Diese aktive Integration der Beteiligten in Form von Stakeholdergesprächen kann bereits im Vorfeld für eine Akzeptanz der Stakeholder gegenüber dem Lieferantenmanagement sorgen. Getreu des Mottos: Betroffene zu Beteiligten machen und nicht zu Beleidigten.
Zu Beginn der Stakeholdergespräche sollte das Vorgehen sowie die Ziele und Mehrwerte des Lieferantenmanagements inklusive seiner Themenkomplexe (z. B. Beschaffungs-, Vergabe- und Steuerungsmanagement) vorgestellt werden. Hierbei sollte die grobe Ausgestaltung des Lieferantenmanagements bereits festgelegt sein: Unter Lieferantenmanagement kann sowohl eine strategische, innovative Einheit als auch eine operative Unterstützung beispielsweise der Einkaufs- und Vergabeabteilung verstanden werden. Im weiteren Verlauf der Gespräche sollten die Anforderungen der Stakeholder an das Lieferantenmanagement erhoben sowie in die Vision und Strategie aufgenommen werden.
4. Vision und Strategie des Wandels kommunizieren
Letztlich sollte die mit den Beteiligten entwickelte Vision des Lieferantenmanagements und damit verbunden ebenso die Strategie kommuniziert werden. Um eine zielgruppengerechte Ansprache zu ermöglichen, können die Beteiligten in Cluster (z. B. nach Interessensgruppen wie Controlling und Beschaffungsmanagement), welche sich beispielsweise aus der Stakeholderanalyse (Stufe 2) ergeben können, zusammengefasst werden.
Im Zuge der zielgruppengerechten Ansprache der Beteiligten können wiederum deren (weitere) Anforderungen an das Lieferantenmanagement erhoben werden. Diese Anforderungen sollten in der schrittweisen Einführung und dem weiteren Ausbau des Lieferantenmanagements Berücksichtigung finden.
5. Mitarbeitende befähigen und Hindernisse wegräumen
Eine frühzeitige Kommunikation mit den beteiligten Akteuren ermöglicht eine zeitnahe Identifikation von Hindernissen und eine Eliminierung bzw. ein Umgehen dieser. Zur Beseitigung von Hindernissen wie mangelnden Kompetenzen können Schulungen, Workshops und Trainings angeboten werden. Zusätzlich können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise Angst vor der Einführung eines Lieferantenmanagements und den daraus resultierenden Folgen, wie u. a. einer möglichen Berichtspflicht gegenüber dem Lieferantenmanagement, haben und halten entsprechend an den alten Strukturen fest. Diesem Hindernis kann z. B. durch die individuelle Begleitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das wiederholte Aufzeigen der Mehrwerte des Lieferantenmanagements entgegengewirkt werden. Exemplarisch können die Mehrwerte von Berichtspflichten wie eine Erleichterung von Entscheidungen der Managementebene und der Effizienzgewinn für die Behörde hervorgehoben werden. Im Allgemeinen ist die Führungskoalition in der Verantwortung, sich den Ängsten sowie Bedenken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzunehmen und diesen individuell zu begegnen.
6. Kurzfristige Ziele setzen
Sowohl den Personen, die dem Lieferantenmanagement skeptisch gegenüber eingestellt sind, als auch den Personen, die der neuen Abteilung optimistisch gegenüberstehen, sollten die Erfolge des Lieferantenmanagements aufgezeigt werden. Dies soll Akzeptanz aufseiten der Beteiligten schaffen und ihre Unterstützung stärken. Beispielsweise können Pilotprojekte mit einzelnen Abteilungen zu spezifischen Themenkomplexen wie zum Beschaffungsmanagement oder zur Lieferantensteuerung durchgeführt und entsprechend kommuniziert werden.
Folgende Beispiele können den Fachbereichen die Mehrwerte des Lieferantenmanagements verdeutlichen. Auf dieser Basis können erste Ziele erreicht und Erfolge hervorgehoben werden:
Beispiel 1: Die Fachbereiche warten in Teilen über einen langen Zeitraum auf eine Stellenbesetzung durch das Recruiting aufgrund eines Fachkräftemangels am Markt. Hier kann das Beschaffungsmanagement des Lieferantenmanagements ansetzen: Eine zeitnahe Bedarfsdeckung durch Externe wird von dem Lieferantenmanagement durch die Nutzung bestehender Rahmenverträge o. Ä. ermöglicht. Eine langfristige Bedarfsdeckung wird weiterhin durch das Recruiting angestrebt. Jedoch ist der dringende Bedarf an Fachkräften vorerst durch das Lieferantenmanagement gedeckt worden.
Beispiel 2: Das Lieferantenmanagement nimmt eine Querschnittsfunktion ein und unterstützt die Fachbereiche in der Steuerung ihrer Lieferanten. Die Fachbereiche können durch das Lieferantenmanagement beispielsweise entlastet werden, indem sie die umfängliche Onboarding-Mappe nutzen, welche sie vom Lieferantenmanagement zur Verfügung gestellt bekommen. Diese beinhaltet klare Guidelines und Empfehlungen, welche den Fachbereichen das Onboarding der Lieferanten erleichtern sollen. Weiterhin steht den Fachbereichen bei Fragen o. Ä. das Lieferantenmanagement unterstützend beiseite.
7. Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten
Veränderungsmanagement sollte als iterativer Prozess verstanden werden. Demnach sollten die zuvor aufgeführten Pilotprojekte als Basis für Erkenntnisse zur Optimierung der einzelnen Themenkomplexe des Lieferantenmanagements dienen. Aus diesen und weiteren Erkenntnissen können wiederum neue Maßnahmen abgeleitet werden. Beispielsweise kann das Beschaffungsmanagement (Beispiel 1) basierend auf dem Feedback und den genannten Anforderungen der Fachbereiche weiter verfeinert und ausgearbeitet werden. Zusätzlich ist die Konsolidierung und Kommunikation bisher erlangter Erfolge sowie die wiederholte Kommunikation der Mehrwerte des Lieferantenmanagements zur Gewinnung der letzten Zweifler sinnvoll. In diesem Zuge sollte nach dem Motto Tu Gutes und rede darüber vorgegangen werden.
8. Veränderungen in der Kultur verankern
Letztlich muss das Lieferantenmanagement nachhaltig in der Behörde verankert werden. Dies sollte nach Möglichkeit dadurch erfolgen, dass die Beteiligten die Mehrwerte des Lieferantenmanagements verstehen und seine Potenziale nutzen. Beispielsweise kann sich die Verankerung der Veränderung in Form der Nutzung einer Onboarding-Mappe (Beispiel 2) durch die Fachbereiche zeigen. Die mit der Inanspruchnahme der Möglichkeiten des Lieferantenmanagements verbundene Arbeitserleichterung wirkt sich positiv auf den Alltag der Beteiligten aus, wodurch diese die gewonnene Zeit in andere Tätigkeiten investieren können. Solche positiven Resultate können sich nachhaltig auf die Kultur auswirken und ein Umdenken der Menschen verursachen.