Veränderungsmanagement is Key
Veränderungsmanagement is Key

Einführung eines Lieferantenmanagements in der öffentlichen Verwaltung

Die Einführung eines Lieferantenmanagements in der öffentlichen Verwaltung stellt einen Wandel für alle beteiligten Akteure dar. Um das Lieferantenmanagement angemessen in einer Behörde zu platzieren und nachhaltig zu verankern, wird ein effektives Veränderungsmanagement benötigt.

Warum wird ein Lieferantenmanagement in der öffentlichen Verwaltung benötigt?

Die Welt ist geprägt von Veränderungen. Insbesondere die Digitalisierung, einer der größten weltweiten Megatrends, sorgt für einen Wandel in der Gesellschaft: Digitale Produkte und neue Technologien bestimmen zunehmend den Alltag der Menschen.

Vor allem in der öffentlichen Verwaltung ist der Digitalisierungsdruck aufgrund der Pandemie erheblich gestiegen. Entsprechend wandeln sich sowohl die Anforderungen des gesamten Umfeldes (Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, etc.) an die öffentliche Verwaltung als auch die Anforderungen der öffentlichen Verwaltung an ihr Umfeld. Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden seitens der Behörden verstärkt neue, technologiebasierte Skills gefordert, welche am Arbeitsmarkt rar sind. Das führt dazu, dass die Besetzung offener Stellen erschwert wird und vermehrt Lieferanten (1) mit den geforderten Skills zur Deckung der Bedarfe eingesetzt werden. Daraus resultiert die Notwendigkeit einer zielgerichteten Steuerung der verschiedenen Lieferanten. An eben dieser Stelle setzt das Lieferantenmanagement an.

Die Digitalisierung und ihre Auswirkungen sind lediglich einer der Gründe für die Etablierung eines Lieferantenmanagements. Weitere Gründe für die Notwendigkeit eines Lieferantenmanagements können Sie dem folgenden Artikel entnehmen: Lieferantenmanagement wird für die öffentliche Verwaltung wichtiger.

(1) Unter dem Begriff Lieferanten werden jegliche Formen der externen Unterstützung von Lieferanten, über Dienstleister, Arbeitnehmerüberlassungen, etc. subsummiert.

Was ist Veränderungsmanagement?

Eine allgemeingültige Definition für das Veränderungsmanagement existiert nicht. Im Allgemeinen geht es beim Veränderungsmanagement darum, Menschen durch eine Veränderung zu begleiten. Hierbei liegt der Fokus darauf, den Beteiligten die Ängste vor dem Wandel zu nehmen, indem ihnen beispielsweise die Mehrwerte aufgezeigt werden. Letztlich sollen Veränderungen nachhaltig in einer Organisation bzw. in einer Behörde und bei den entsprechenden Stakeholdern verankert werden.

Es existieren verschiedenste Modelle wie beispielsweise das 8-Stufen-Modell von John P. Kotter. Nach diesem Modell durchläuft ein erfolgreicher organisationaler Veränderungsprozess acht Stufen:

8-Stufen-Model des Veränderungsmanagements von John P. Kotter

Warum ist Veränderungsmanagement im Zuge der Einführung eines Lieferantenmanagements notwendig?

Jede Umstrukturierung bzw. Neuerung im öffentlichen Sektor bedeutet eine Veränderung bei der jeweiligen Behörde in mindestens einem Bereich. Je nach Ausprägung der bisherigen Strukturen der jeweiligen Behörde sind die zugehörigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Veränderungen gegenüber positiv oder negativ gestimmt.

Die Einführung eines Lieferantenmanagements ist, sofern bisher kein dediziertes Lieferantenmanagement in der Behörde existiert, eine große organisatorische Veränderung für alle Beteiligten: Bestehende Strukturen, Prozesse und Beziehungen zwischen dem Fachbereich und den Lieferanten werden aufgebrochen, neu gedacht und bis zu einem gewissen Grad standardisiert, wobei das Lieferantenmanagement die Schnittstelle zwischen dem Fachbereich und den Lieferanten bildet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Lieferantenmanagement nach Möglichkeit als eine unabhängige, eigenständige Abteilung in der jeweiligen Behörde eingegliedert werden sollte. Das bedeutet eine besonders große Veränderung für die meisten Behörden.

Bei der Einführung des Lieferantenmanagements sollten den Beteiligten im Zuge des Veränderungsmanagements die mit dem Wandel einhergehenden Gründe und Ziele verdeutlicht werden. Die Beteiligten müssen diese verstehen und verinnerlichen, damit sie sie akzeptieren und die Möglichkeiten, die das Lieferantenmanagement ihnen bietet, in Anspruch nehmen. Erst dadurch kann das Lieferantenmanagement nachhaltig in der jeweiligen Behörde eingeführt werden.

Um das Lieferantenmanagement nachhaltig zu verankern und die Inanspruchnahme der Möglichkeiten des Lieferantenmanagements zu sichern, muss ein auf die Zielgruppen angepasstes Veränderungs- bzw. Kommunikationsmanagement etabliert werden.

Wer ist die Zielgruppe?

Im Zuge der Einführung eines Lieferantenmanagements müssen verschiedene Zielgruppen einbezogen werden. Zu diesen gehören zum einen aktiv an den Themenkomplexen und Prozessen des Lieferantenmanagements beteiligte Personen anderer Bereiche (z. B. Beschaffungsmanagement, Vertragsmanagement und Vergabeabteilung). Zum anderen müssen weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Allgemeinen von der neuen Abteilung tangiert werden und in anderen Fachbereichen als den o. g. zu verorten sind, im Zuge des Veränderungsmanagements berücksichtigt werden. Ebenso sind die Lieferanten als eine Zielgruppe zu verstehen und somit für die Veränderungskommunikation relevant.

Weiterhin dürfen die im Lieferantenmanagement arbeitenden Personen bei der Betrachtung der Zielgruppen nicht vernachlässigt werden. Diese sollten nach Möglichkeit bereits von dem Lieferantenmanagement und seinen Potenzialen überzeugt sein, sodass sie als Promotoren eingesetzt werden können.

Welche Maßnahmen des Veränderungsmanagements können im Zuge der Einführung eines Lieferantenmanagements getroffen werden?

Veränderungsmanagement setzt bei den betroffenen Menschen an. Um ein Lieferantenmanagement aufzusetzen, welches den Anforderungen der Zielgruppen entspricht, ist eine aktive Integration der Beteiligten bereits vor der Einführung der neuen Abteilung notwendig.

Um die Einführung des Lieferantenmanagements zu begleiten, sollte entsprechend eines Veränderungsmanagementprozesses vorgegangen werden, wie beispielsweise dem 8-Stufen-Modell von John P. Kotter:

1. Gefühl der Dringlichkeit erzeugen

Bereits vor der Etablierung des Lieferantenmanagements ist es sinnvoll, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen Behörde die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Lieferantenmanagements zu verdeutlichen. In diesem Zuge kann beispielsweise auf die steigende Anzahl der Lieferanten, den erhöhten Koordinationsaufwand und die Mehrwerte des Lieferantenmanagements eingegangen werden.

2. Führungskoalition aufbauen

Weiterhin ist es notwendig, die Bedürfnisse aller Beteiligten (siehe Absatz: Wer ist die Zielgruppe?) zu berücksichtigen. In diesem Kontext ist eine Stakeholderanalyse zur Identifikation relevanter Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner besonders zielführend. Nach Abschluss der Stakeholderanalyse sollte eine diverse Führungskoalition gegründet werden. Diese sollte zwar aus Mitgliedern mit unterschiedlichen Hintergründen bestehen, aber unbedingt künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lieferantenmanagements umfassen. Weiterhin ist der Einbezug von Externen mit einem frischen sowie unvoreingenommenen Blick auf die Behörde und die Strukturen ratsam. Im Allgemeinen sollten die Mitglieder der Führungskoalition als Promotoren des Lieferantenmanagements verstanden werden.

3. Vision und Strategie des Wandels entwickeln

Es ist essenziell, die Beteiligten bereits vor der Einführung des Lieferantenmanagements zu integrieren. Dementsprechend sollten ausgewählte Anforderungsträger bereits vorab die Option haben, ihre Anforderungen, Wünsche und Ängste zu kommunizieren, sodass diese in der Vision und Strategie Berücksichtigung finden können. Diese aktive Integration der Beteiligten in Form von Stakeholdergesprächen kann bereits im Vorfeld für eine Akzeptanz der Stakeholder gegenüber dem Lieferantenmanagement sorgen. Getreu des Mottos: Betroffene zu Beteiligten machen und nicht zu Beleidigten.

Zu Beginn der Stakeholdergespräche sollte das Vorgehen sowie die Ziele und Mehrwerte des Lieferantenmanagements inklusive seiner Themenkomplexe (z. B. Beschaffungs-, Vergabe- und Steuerungsmanagement) vorgestellt werden. Hierbei sollte die grobe Ausgestaltung des Lieferantenmanagements bereits festgelegt sein: Unter Lieferantenmanagement kann sowohl eine strategische, innovative Einheit als auch eine operative Unterstützung beispielsweise der Einkaufs- und Vergabeabteilung verstanden werden. Im weiteren Verlauf der Gespräche sollten die Anforderungen der Stakeholder an das Lieferantenmanagement erhoben sowie in die Vision und Strategie aufgenommen werden.

4. Vision und Strategie des Wandels kommunizieren

Letztlich sollte die mit den Beteiligten entwickelte Vision des Lieferantenmanagements und damit verbunden ebenso die Strategie kommuniziert werden. Um eine zielgruppengerechte Ansprache zu ermöglichen, können die Beteiligten in Cluster (z. B. nach Interessensgruppen wie Controlling und Beschaffungsmanagement), welche sich beispielsweise aus der Stakeholderanalyse (Stufe 2) ergeben können, zusammengefasst werden.

Im Zuge der zielgruppengerechten Ansprache der Beteiligten können wiederum deren (weitere) Anforderungen an das Lieferantenmanagement erhoben werden. Diese Anforderungen sollten in der schrittweisen Einführung und dem weiteren Ausbau des Lieferantenmanagements Berücksichtigung finden.

5. Mitarbeitende befähigen und Hindernisse wegräumen

Eine frühzeitige Kommunikation mit den beteiligten Akteuren ermöglicht eine zeitnahe Identifikation von Hindernissen und eine Eliminierung bzw. ein Umgehen dieser. Zur Beseitigung von Hindernissen wie mangelnden Kompetenzen können Schulungen, Workshops und Trainings angeboten werden. Zusätzlich können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise Angst vor der Einführung eines Lieferantenmanagements und den daraus resultierenden Folgen, wie u. a. einer möglichen Berichtspflicht gegenüber dem Lieferantenmanagement, haben und halten entsprechend an den alten Strukturen fest. Diesem Hindernis kann z. B. durch die individuelle Begleitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das wiederholte Aufzeigen der Mehrwerte des Lieferantenmanagements entgegengewirkt werden. Exemplarisch können die Mehrwerte von Berichtspflichten wie eine Erleichterung von Entscheidungen der Managementebene und der Effizienzgewinn für die Behörde hervorgehoben werden. Im Allgemeinen ist die Führungskoalition in der Verantwortung, sich den Ängsten sowie Bedenken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzunehmen und diesen individuell zu begegnen.

6. Kurzfristige Ziele setzen

Sowohl den Personen, die dem Lieferantenmanagement skeptisch gegenüber eingestellt sind, als auch den Personen, die der neuen Abteilung optimistisch gegenüberstehen, sollten die Erfolge des Lieferantenmanagements aufgezeigt werden. Dies soll Akzeptanz aufseiten der Beteiligten schaffen und ihre Unterstützung stärken. Beispielsweise können Pilotprojekte mit einzelnen Abteilungen zu spezifischen Themenkomplexen wie zum Beschaffungsmanagement oder zur Lieferantensteuerung durchgeführt und entsprechend kommuniziert werden.

Folgende Beispiele können den Fachbereichen die Mehrwerte des Lieferantenmanagements verdeutlichen. Auf dieser Basis können erste Ziele erreicht und Erfolge hervorgehoben werden:

Beispiel 1: Die Fachbereiche warten in Teilen über einen langen Zeitraum auf eine Stellenbesetzung durch das Recruiting aufgrund eines Fachkräftemangels am Markt. Hier kann das Beschaffungsmanagement des Lieferantenmanagements ansetzen: Eine zeitnahe Bedarfsdeckung durch Externe wird von dem Lieferantenmanagement durch die Nutzung bestehender Rahmenverträge o. Ä. ermöglicht. Eine langfristige Bedarfsdeckung wird weiterhin durch das Recruiting angestrebt. Jedoch ist der dringende Bedarf an Fachkräften vorerst durch das Lieferantenmanagement gedeckt worden.

Beispiel 2: Das Lieferantenmanagement nimmt eine Querschnittsfunktion ein und unterstützt die Fachbereiche in der Steuerung ihrer Lieferanten. Die Fachbereiche können durch das Lieferantenmanagement beispielsweise entlastet werden, indem sie die umfängliche Onboarding-Mappe nutzen, welche sie vom Lieferantenmanagement zur Verfügung gestellt bekommen. Diese beinhaltet klare Guidelines und Empfehlungen, welche den Fachbereichen das Onboarding der Lieferanten erleichtern sollen. Weiterhin steht den Fachbereichen bei Fragen o. Ä. das Lieferantenmanagement unterstützend beiseite.

7. Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten

Veränderungsmanagement sollte als iterativer Prozess verstanden werden. Demnach sollten die zuvor aufgeführten Pilotprojekte als Basis für Erkenntnisse zur Optimierung der einzelnen Themenkomplexe des Lieferantenmanagements dienen. Aus diesen und weiteren Erkenntnissen können wiederum neue Maßnahmen abgeleitet werden. Beispielsweise kann das Beschaffungsmanagement (Beispiel 1) basierend auf dem Feedback und den genannten Anforderungen der Fachbereiche weiter verfeinert und ausgearbeitet werden. Zusätzlich ist die Konsolidierung und Kommunikation bisher erlangter Erfolge sowie die wiederholte Kommunikation der Mehrwerte des Lieferantenmanagements zur Gewinnung der letzten Zweifler sinnvoll. In diesem Zuge sollte nach dem Motto Tu Gutes und rede darüber vorgegangen werden.

8. Veränderungen in der Kultur verankern

Letztlich muss das Lieferantenmanagement nachhaltig in der Behörde verankert werden. Dies sollte nach Möglichkeit dadurch erfolgen, dass die Beteiligten die Mehrwerte des Lieferantenmanagements verstehen und seine Potenziale nutzen. Beispielsweise kann sich die Verankerung der Veränderung in Form der Nutzung einer Onboarding-Mappe (Beispiel 2) durch die Fachbereiche zeigen. Die mit der Inanspruchnahme der Möglichkeiten des Lieferantenmanagements verbundene Arbeitserleichterung wirkt sich positiv auf den Alltag der Beteiligten aus, wodurch diese die gewonnene Zeit in andere Tätigkeiten investieren können. Solche positiven Resultate können sich nachhaltig auf die Kultur auswirken und ein Umdenken der Menschen verursachen.

Beteiligung der Akteure

Durch die aktive Integration der beteiligten Akteure in die Gestaltung der neuen Abteilung und die Möglichkeit, ihre Anforderungen, Wünsche und Ängste an das Lieferantenmanagement zu kommunizieren, öffnen sich die Beteiligten gegenüber der Veränderung. Auch perspektivisch sollte den Akteuren die Möglichkeit geboten werden, sich an der Ausgestaltung und Fortentwicklung des Lieferantenmanagements zu beteiligen und ihre Anforderungen zu kommunizieren.

Sofern die Stakeholder nicht aktiv an der Fortentwicklung des Lieferantenmanagements beteiligt sein wollen, jedoch aber Interesse an den neuen Veränderungen haben, sollten die wichtigsten Informationen über Update-Calls, Newsletter, o. Ä. vom Lieferantenmanagement zur Verfügung gestellt werden.

Artikel von:
Jennifer Hoyer
Jennifer Hoyer
Senior Consultant
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