
Open-Source-Software: Schlüssel zu deutscher Sicherheit und Unabhängigkeit
Open-Source-Software schafft Transparenz, verringert technologische Abhängigkeiten und fördert die Innovationskraft. Doch digitale Souveränität verlangt mehr: organisatorischen Wandel, gezielte Förderung von Strukturen und die Etablierung strategischer Partnerschaften. Die neue Bundesregierung muss jetzt klare Impulse setzen. Erfahren Sie, welche Hebel für eine souveräne digitale Zukunft Deutschlands entscheidend sind.
Was ist digitale Souveränität?
Digitale Souveränität bedeutet, dass Staaten, Organisationen und Bürger*innen eine uneingeschränkte Kontrolle über ihre digitalen Infrastrukturen, Daten und Technologien haben. Sie umfasst die Fähigkeit, digitale Lösungen eigenständig zu entwickeln, anzupassen und zu betreiben, ohne von einzelnen Anbietern oder Staaten abhängig zu sein.
In einer vernetzten und gleichzeitig volatilen Welt mit steigenden geopolitischen Herausforderungen wird es zunehmend wichtiger, technologisch unabhängig zu werden. Weitere Ziele sind die nachhaltige Sicherstellung von Datensouveränität und Cybersicherheit.
Wo steht Deutschland beim Thema digitale Souveränität?
Die neue Bundesregierung bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag klar zur digitalen Souveränität als strategischem Ziel. Durch die gezielte Förderung offener Schnittstellen und Standards sollen beispielsweise der Einsatz und die Weiterentwicklung von Open-Source-Technologien, im Zusammenspiel privater und öffentlicher Akteure, befördert werden.
Gilt also Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Nein, denn das Erreichen digitaler Souveränität ist herausfordernd. Zwar gibt es mit der Strategie zur Stärkung der Digitalen Souveränität für die IT der Öffentlichen Verwaltung erste strategische Ansätze und Initiativen, jedoch dominiert proprietäre Software weiterhin große Teile der Verwaltung. Besonders hoch ist die Abhängigkeit Deutschlands von US-amerikanischen Anbietern. Wie eine aktuelle Studie des Bitkom (2025) zeigt, sind nahezu alle deutschen Unternehmen (96 %) auf den Import digitaler Technologien und Leistungen angewiesen (umgekehrt verkauft nur ein Viertel der Unternehmen digitale Technologien oder Leistungen ins Ausland). Das Studienfazit ist eindeutig: Die Abhängigkeit von sogenannten ausländischen Digitalimporten ist derart ausgeprägt, dass nur drei Prozent der Unternehmen glauben, dass sie länger als zwei Jahre ohne diese überlebensfähig wären.
Welche Herausforderungen und Handlungsfelder bestehen?
Die Stärkung digitaler Souveränität in der öffentlichen Verwaltung erfordert ein ganzheitliches Vorgehen, das vier sowohl technische als auch organisatorische Handlungsfelder umfasst.
1. Einsatz von Open-Source-Software
Open Source bezeichnet Software mit öffentlich zugänglichem Quellcode, der abhängig vom Lizenzmodell eingesehen, genutzt, verändert und weiterverbreitet werden kann. Der strategische Einsatz von Open-Source-Software bietet zahlreiche Vorteile. Die drei aus meiner Sicht bedeutendsten sind:
- Sicherheit durch Transparenz: Der offene Quellcode ermöglicht unabhängige und multiperspektivische Sicherheitsprüfungen, welche das Vertrauen in die Software stärken.
- Kostenersparnis: Durch die Wiederverwendbarkeit von Entwicklungen entfallen teure Lizenzgebühren.
- Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit: Die langfristige Verfügbarkeit sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung durch eine aktive Entwicklungs-Community fördern technologische Souveränität und Zukunftsfähigkeit.
Allerdings muss Open Source strukturiert und langfristig gefördert werden, damit sie sich zu einer tragfähigen Alternative zu proprietären Lösungen entwickeln kann. Die Förderung umfasst insbesondere die langfristige Investition in die (Fort-)Entwicklung sowie die konsequente Pflege und Verwaltung von Open-Source-Projekten.
Die Bildung gezielter strategischer Partnerschaften, die Bündelung von Kompetenzen und die Förderung von Open-Source-Communities sind praxiserprobte Hebel, um Open Source im Sinne einer veritablen Alternative zu fördern. Positive Beispiele sind Förderinitiativen wie der „Sovereign Tech Agency“ oder der „Open Technology Fund“, welche Projekte, die an quelloffenen, sicherheitskritischen oder strategischen Open-Source-Lösungen arbeiten, finanziell und organisatorisch unterstützen.
Mit der Verabschiedung der Gesetzesänderung zur bevorzugten Nutzung von Open-Source-Software (§ 16a E-Government-Gesetz - EGovG), wurde am 24. Juli 2024 die rechtliche Grundlage auf Bundesebene geschaffen. Jetzt braucht es eindeutig definierte und ambitionierte Zielmarken, eine klare Roadmap sowie eine ausreichende finanzielle Ausstattung, um den Open-Source-Anteil und somit die digitale Souveränität Deutschlands nachhaltig zu steigern.
Ein zentraler Hebel dafür ist die konsequente Verfolgung des Open-Source-First-Ansatzes: Neue IT-Lösungen in der Verwaltung sollten grundsätzlich auf Open Source basieren und proprietäre Alternativen nur dann den Vorzug erhalten, falls sie objektiv begründet die bessere Lösung darstellen.
2. Aufbau eigener Kompetenzen und Fähigkeiten
Um die Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern zu verringern, muss die Bundesverwaltung eigene Kompetenzen aufbauen. Dazu ist die Stärkung des verfügbaren Fachwissens sowie der Fähigkeiten im Kontext der Informationstechnologie in der öffentlichen Verwaltung erforderlich.
Dies befähigt die öffentliche Verwaltung, Alternativen informiert zu bewerten und deren Einsatz nachhaltig zu realisieren. Essenziell sind hierfür die Rekrutierung von Fachpersonal, die Befähigung im Rahmen von Aus- und Weiterbildungsprogrammen sowie die Begleitung dieser Transition durch ein effektives Changemanagement. Weiterhin müssen in der Verwaltung Strukturen und Stellen geschaffen werden, deren Auftrag die Stärkung der digitalen Souveränität ist und in dieser Funktion die Risiken einseitiger Abhängigkeiten bei der Beschaffung neuer Software aufzeigen und Projekte beraten.
3. Stärkung europäischer Alternativen
Sensible Verwaltungsdaten sollten in souveränen, europäischen Rechenzentren gehostet werden, statt in US-amerikanischen Cloud-Umgebungen. Dazu bedarf es des Aufbaus und der Skalierung unabhängiger europäischer Cloud- und Softwareanbieter, die wettbewerbsfähige Alternativen zu nichteuropäischen Lösungen bieten.
Der Auf- und Ausbau von europäischen Anbietern, die europäische Werte und Standards wahren und sich der Einflussnahme durch andere Akteure erfolgreich entziehen können, sollte durch gezielte europäische Partnerschaften gestärkt werden. Public-Private-Partnerships (PPP) können eingesetzt werden, um diese europäischen Lösungen zu entwickeln und in langfristig tragbare Geschäftsmodelle zu überführen. Die gezielte Vergabe öffentlicher Aufträge an europäische Anbieter, die diese Wertversprechen bieten, sollte als Hebel genutzt werden, um den europäischen Wettbewerb und Markt im Bereich digitaler Produkte und Dienstleitungen zu fördern.
4. Vernetzung zentraler Akteure
Die Handlungsfelder im Kontext der digitalen Souveränität sind beträchtlich. Daher gilt es die wichtigsten Beteiligten zu vernetzen und die Zusammenarbeit durch zentrale Akteure zu organisieren. Durch zielgerichtete Kooperation zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Open-Source-Communities kann Deutschland die digitale Souveränität nachhaltig stärken und sich als führender Akteur in Europa positionieren.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Gründung des Zentrums für Digitale Souveränität (ZenDiS) im Dezember 2022. ZenDiS unterstützt die öffentliche Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen dabei, sich aus kritischen Abhängigkeiten von einzelnen Technologieanbietern zu lösen. Hierzu betreibt ZenDiS u. a. die OpenCoDE-Plattform, welche die Bereitstellung und Nachnutzung von Open-Source-Software für Bund, Länder und Kommunen ermöglicht.
Ein weiterer vielversprechender Akteur ist die govdigital, die als Vermittler alle Ebenen föderaler Verwaltungsdigitalisierung einbindet, sofern diese Mitglied sind. So werden bestehende Fähigkeiten gebündelt und Know-how ausgetauscht. Vernetzende und unterstützende Akteure, wie ZenDiS und govdigital, sollten weiter gestärkt werden. Diese ermöglichen den unterschiedlichen Ebenen der Verwaltungsdigitalisierung den Herausforderungen im Kontext der digitalen Souveränität gemeinsam zu begegnen und kooperativ Lösungen zu erarbeiten.
Fazit: Gemeinsam für die Stärkung der digitalen Souveränität Deutschlands
Geopolitische Verschiebungen und Krisen machen die starke Abhängigkeit der Bundesrepublik von Informationstechnologien und begleitenden Dienstleistungen offensichtlich. Entschlossenes und planvolles Handeln ist notwendig, um den hieraus erwachsenden Herausforderungen zu begegnen. Ich empfehle die strukturelle Förderung des Einsatzes von Open-Source-Software, den Auf- und Ausbau der erforderlichen Kompetenzen und Fähigkeiten sowie die Stärkung europäischer Alternativen und Vernetzung der Akteure. Fortschritte auf diesen Handlungsfeldern helfen Deutschland, Abhängigkeiten zu reduzieren und eine selbstbestimmte Zukunft zu sichern. Cassini Consulting unterstützt Sie auf diesem Weg mit ganzheitlicher Beratung und zielgerichteten Unterstützungsangeboten. Wir stehen für unabhängige, exzellente Beratungsleistungen und sind als deutsches, unternehmergeführtes Unternehmen ein langjähriger und verlässlicher Partner der öffentlichen Verwaltung.
Ansprechpartner
Als unabhängiges IT-Beratungsunternehmen unterstützen wir Behörden dabei, Open-Source-Projekte strategisch und operativ umzusetzen – mit dem Ziel, nachhaltige technologische Unabhängigkeit und Resilienz für Deutschland und Europa zu schaffen.
Unser Erfahrungen in der strategischen Beratung, der Unterstützung bei Beschaffungen sowie der Veröffentlichung oder Einführung von Open-Source-Software bringen wir gerne ein.

