Blogbeitrag von
Lasse Arndt, Consultant, Cassini Consulting AG
Lasse Arndt
Senior Consultant
Matthias Genge, Senior Consultant, Cassini Consulting AG
Matthias Genge
Senior Consultant
IT-Management
Artikelreihe

Software-Rollout (Teil 5) – Was jetzt?

In den bisherigen Artikeln unserer Reihe haben wir uns mit den Vorbedingungen und der Durchführung des Software-Rollouts auseinandergesetzt. Nehmen wir mal an, der Rollout war erfolgreich... Was jetzt?
Natürlich hört die Arbeit hier nicht einfach auf. Mit einem erfolgreichen Rollout beginnt eine entscheidende Phase, die den langfristigen Erfolg einer Software besiegelt. Der Go-Live ist ein notwendiger Schritt, aber erst durch eine klare Strategie für das Release Management, die Wartung und den Betrieb sowie gezielte Schulungskonzepte kann die volle Leistungsfähigkeit einer neuen Applikation entfaltet werden.
In diesem Artikel befassen wir uns also mit den wichtigsten Schritten, die nach dem Rollout folgen – und zeigen auf, wie Unternehmen durch eine strukturierte Post-Rollout-Phase neben Stabilität auch eine stetige Weiterentwicklung sicherstellen können.

Release Management

In der Praxis wird ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt oder ein Meilenstein in der Entwicklung erreicht, sodass in den Rollout übergegangen werden kann. Von hier an wird iterativ weiterentwickelt, sodass weitere Inkremente über Releases hinzugefügt werden. Im Release Management ist es entscheidend, frühzeitig den Bedarf an neuen Funktionalitäten oder Änderungen zu identifizieren. Dafür sollten Prozesse implementiert werden, die es den Anwendern ermöglichen, Anforderungen klar zu formulieren (Demand Management). Diese Anfragen sind in eine Roadmap zu integrieren, die sowohl kurz- als auch langfristige Releases abbildet. Vor der finalen Freigabe durchlaufen die geplanten Änderungen Entwicklungs- und Testphasen, um die Qualität und Funktionalität sicherzustellen. Während Erweiterungen und Bugfixes implementiert werden, ist auch ein Informationsfluss sicherzustellen, um die Nutzenden inhaltlich abzuholen, da sich durch Änderungen am System auch Veränderungen an der täglichen Arbeit ergeben können.

Ein zentrales Element des Release Managements ist die klare Festlegung von Verantwortlichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Es muss eindeutig definiert sein, wer Anforderungen entgegennimmt, wer die Umsetzung plant und wer letztlich für die Qualitätssicherung und das Deployment verantwortlich ist.

Eine kontinuierliche Feedback-Schleife mit den Nutzenden ist unverzichtbar, um sicherzustellen, dass die implementierten Änderungen den tatsächlichen Bedarf erfüllen. Durch diese Rückmeldungen können zukünftige Releases besser geplant und optimiert werden.

Release Management Cycle

Applikations-Lebenszyklus: Hypercare, Wartung und Betrieb

Mit Abschluss des Rollouts beginnt die Hypercare-Phase. In dieser Zeit der intensiven Betreuung muss schnellstmöglich auf Probleme reagiert werden. Die Hypercare-Phase ist allerdings ein zweischneidiges Schwert: Diese Phase sollte niemals zu Lasten einer ausgiebigen Testphase gehen, die im Rahmen des Projekts stattfindet. Wenn im Rahmen eines Projektes die Zeit knapp wird, sollte an der Software-Qualität (durch eine Verkürzung der Testphase) nicht gespart werden. Hierbei werden lediglich Kosten und Aufwände verschoben, denn Fehler, die in der Entwicklung unentdeckt bleiben, müssen spätestens in der Hypercare-Phase in Form von „Operationen am offenen Herzen“ behoben werden. So verführerisch die Idee auch wirkt, um ein Projekt „Just-in-Time“ über die Ziellinie zu bringen: Je später ein Fehler entdeckt wird, desto verheerender sind die monetären Auswirkungen.

Eine Hypercare-Phase sollte durch ein durchdachtes Wartungs- und Betriebskonzept unterstützt werden, um sicherzustellen, dass das System im laufenden Betrieb reibungslos funktioniert. Monitoring und regelmäßige Wartungsfenster sowie die rechtzeitige Planung von End-of-Life Prozessen sind unverzichtbar. Ein ganzheitlicher Ansatz ist für das Applikationsmanagement erfolgsentscheidend und sichert die Zukunftsfähigkeit der Applikation.

IT-Service Management standardisieren

Zusätzlich spielt die Professionalisierung des IT-Service-Managements (ITSM) eine essenzielle Rolle, um den Nutzenden einen langfristigen Mehrwert zu bieten. Die Grundlage hierfür bildet ein standardisiertes ITSM, das eng an den Bedürfnissen der Anwendenden ausgerichtet ist. Um den größten Nutzen zu schaffen, ist es entscheidend, zu verstehen, welche Anforderungen und Probleme aus der Anwenderperspektive wirklich relevant sind. IT-Standard-Services bieten die Möglichkeit, Funktionalitäten passgenau zur Verfügung zu stellen, die über den Umfang des Systems hinausgehen und durch dieses nicht abgebildet werden können.

Ein effektiver Ansatz besteht darin, regelmäßig Non-Standard Service Requests und Incidents zu analysieren:

  • Wo treten die häufigsten Schwierigkeiten bei den Nutzern auf?
  • Welche Anforderungen und Anfragen werden nicht durch den aktuellen Servicekatalog abgedeckt?

Durch standardisierte Prozesse für Supportanfragen, Incident Management und Non-Standard Requests können Abläufe effizienter gestaltet und Engpässe vermieden werden. Doch Standardisierung allein ist in einem dynamischen Umfeld nicht ausreichend. Flexibilität im Umgang mit individuellen Anfragen bleibt essenziell, um auf spezifische Anforderungen von Anwendern und Organisationen einzugehen.

Innerhalb dieser ITSM-Prozesse sollten maßgeschneiderte Service Level Agreements (SLAs) definiert werden, um unterschiedliche Anwendungsfälle und Prioritäten gezielt zu adressieren. Ein professioneller Enduser-Support und ein gut aufgestelltes Helpdesk sind dabei unerlässlich, um einen kontinuierlichen, hochwertigen Service sicherzustellen.

Trainingskonzepte: Nachhaltige Schulungen und Onboarding

Die Technologie ist nur dann erfolgreich, wenn sie erfolgreich genutzt werden kann. Neben der Funktionsfähigkeit der Software spielt also auch die Befähigung der Nutzenden eine zentrale Rolle.

Dabei sollten Trainingskonzepte nicht nur während des Rollouts gelten, sondern auch nach der Einführung der Software. Diese Schulungen müssen für aktuelle Nutzende und für neue Mitarbeitende ausgelegt sein. Dabei ist es das Ziel, sowohl Funktionalitäten der Software als auch Best Practices zu vermitteln, um die Effizienz in der Anwendung zu steigern. Ein durchdachtes Onboarding-Konzept ist dabei genauso wichtig wie Auffrischungstrainings für Erfahrene.

Hierbei sind zusätzlich weitere Überlegung zu treffen:
Welche Stakeholdergruppen benötigen welche Informationen? Wenn verschiedene Rollen im System existieren, sind für diese Rollen auch verschiedene Anwendungsfälle relevant. Handelt es eine Projektleiterin? Eine Führungskraft? Mitarbeitende aus dem Einkauf? Die Trainings sollten ggf. auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten sein.

Fazit

Der Erfolg eines Softwareprojekts misst sich nicht nur am Rollout, sondern daran, wie die Software nach dem Go-Live betreut, weiterentwickelt und – vor allem – genutzt wird. Ein klar strukturiertes Release Management, ein durchdachtes Wartungskonzept sowie gezielte Schulungsmaßnahmen sorgen dafür, dass die Applikation auch langfristig erfolgreich bleibt. Unternehmen, die diese Phase professionell gestalten, legen den Grundstein für eine zukunftssichere IT-Landschaft. Und am Ende zeigt sich: Der wahre Wert einer Software liegt in ihrer Fähigkeit, sich kontinuierlich an neue Anforderungen anzupassen und dabei den Nutzen für die Anwendenden zu maximieren.

Lesen Sie alle Beiträge aus der Artikel-Reihe Software-Rollout.

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