Software-Rollout (Teil 4) – Change Management
In den bisherigen Artikeln der Serie zum Thema „Rollout Management“ lag der Schwerpunkt auf den technischen und organisatorischen Aspekten des Rollouts. Doch ein erfolgreicher Rollout endet nicht mit der Implementierung der Software; vielmehr beginnt hier die entscheidende Phase: Die Akzeptanz und Nutzung der neuen Software-Lösung durch die Organisation.
Erst dann, wenn das Projekt von den Nutzer*innen angenommen wird und es einen tatsächlichen Mehrwert liefert, kann es als erfolgreich betrachtet werden. Hier kommt das Change Management ins Spiel. Change Management beschäftigt sich mit der Begleitung und Steuerung von Veränderungen in einer Organisation, wobei der Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf die häufigsten Hürden beim Change Management und wie diese überwunden werden können. Insbesondere werden wir uns mit den Herausforderungen des "Nicht-Wissens", "Nicht-Dürfens", "Nicht-Könnens" und "Nicht-Wollens" auseinandersetzen und aufzeigen, welche Lösungsstrategien existieren und wie externe Expertise dazu beitragen kann, diese Hindernisse erfolgreich zu meistern.
Hürden im Change Management
Nicht wissen: Betroffene werden nicht informiert.
Ein zentrales Hindernis ist die mangelnde Kommunikation über den bevorstehenden Wandel. Wenn Mitarbeitende nicht wissen, dass eine Veränderung ansteht oder was diese für sie bedeutet, entstehen Unsicherheit und Gerüchte, die sich zu Widerstand entwickeln können. Gruppendenken kann diesen Effekt verstärken, besonders in stark homogenen Kulturen. Um diese Hürde zu überwinden, ist eine klare und konsistente Kommunikation entscheidend. Informationen müssen über verschiedene Kanäle verteilt und regelmäßig aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten auf dem neuesten Stand sind. Dabei ist die Balance wichtig: Zu viel Kommunikation kann als störend empfunden werden, während zu wenig Kommunikation Unsicherheiten fördert.
Nicht dürfen: Betroffene werden nicht gefragt.
Ein häufiges Problem in Veränderungsprozessen ist, dass die betroffenen Mitarbeitenden nicht in den Prozess einbezogen werden. Ihre Meinungen und Bedürfnisse werden nicht gehört, und ihre Teilnahme wird implizit oder explizit unterbunden. Dies führt oft zu Widerstand, da Mitarbeitende Veränderungen, die sie nicht mitgestaltet haben, eher ablehnen. Ein klassisches Beispiel ist das "Not-Invented-Here-Syndrom", bei welchem externe Lösungen oder Ideen kategorisch abgelehnt werden, unabhängig davon, wie gut sie sind. Um diese Hürde zu überwinden, ist es entscheidend, die Mitarbeitenden frühzeitig in den Prozess einzubeziehen und ihnen Raum für Feedback und Ideen zu geben. Die Integration operativer Perspektiven kann zudem helfen, Prozesse effektiver zu gestalten und die Akzeptanz neuer Lösungen zu fördern.
Nicht können: Betroffene werden nicht befähigt.
Mitarbeitende müssen in die Lage versetzt werden, die neuen Prozesse und Systeme effektiv zu nutzen. Fehlt es an Schulungen und Unterstützung, führt dies zu Frustration und Widerstand, da sie die neuen Anforderungen nicht bewältigen können. Um dies zu vermeiden, sollte ein umfassendes Schulungskonzept entwickelt werden, das sowohl die theoretischen Grundlagen als auch praktische Anleitungen umfasst. "How-To"-Dokumentationen sowie Schulungen und kontinuierliche Unterstützung sind essenziell, um den Mitarbeitenden Sicherheit im Umgang mit den neuen Systemen zu geben und die Akzeptanz zu fördern.
Nicht wollen: Betroffene befürchten Machtverlust.
Die Ablehnung von Veränderungen resultiert häufig aus Ängsten und Unsicherheiten, insbesondere wenn Machtverlust befürchtet wird. Dies kann sowohl auf Führungsebene als auch bei den Teams auftreten, die in der bisherigen Systemlandschaft eine bestimmte Verantwortung getragen haben. Ebenfalls kann es dazu kommen, dass die zugrundeliegenden Veränderungen nicht unmittelbar mit den persönlichen Zielen der Betroffenen vereinbar sind. Es ist wichtig, transparent zu kommunizieren und einen klaren Plan für die Zeit nach dem Rollout zu haben und ggf. Kompromisse zu erarbeiten. Durch den offenen Dialog und die Möglichkeit zum Feedback können Ängste abgebaut und die Bereitschaft zur Veränderung gestärkt werden.
Die Kategorie des "Nicht-Wollens" wird gerne als „Go-To-Kategorie“ verwendet, um Widerstände einzuordnen. Tatsächlich spielen sich viele Hintergründe des Widerstandes oder der Ablehnung in einer der drei anderen Kategorien ab. Wenn es um das „Nicht-Wollen“ geht, so geht es hier im Kern oft um die Befürchtung von Machtverlust, also Verlustaversion.
Lösungsansätze
Bei der Überwindung der Hürden ist stets zu beachten, dass diese Lösungsansätze auf drei Ebenen greifen müssen.
Organisation
Die strukturelle und prozessuale Anpassung der Organisation, um Veränderungen zu ermöglichen.
Maßnahmen und Strukturen
Konkrete Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen, um den Wandel zu unterstützen.
Kultur
Die Veränderung der Unternehmenskultur, um die Akzeptanz und den Erfolg des Wandels nachhaltig zu gewährleisten.
Kommunikationsstrategie
Eine klare und durchdachte Kommunikationsstrategie ist ein zentraler Erfolgsfaktor im Change Management. Die Kommunikation muss transparent und zielgerichtet erfolgen, um Missverständnisse zu vermeiden und Gerüchte zu unterbinden. Die Auswahl der Kommunikationskanäle und die Anpassung der Botschaften an die verschiedenen Stakeholdergruppen sind erfolgsentscheidend, um die Akzeptanz und Unterstützung für den Wandel zu fördern. Eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie sollte auch Mechanismen zur Rückmeldung und Beteiligung der Mitarbeitenden beinhalten, um sicherzustellen, dass ihre Bedenken gehört und berücksichtigt werden und etwaige Feedbackschleifen implementiert werden. Folgende Fragen sollte man sich hierbei stellen:
- Wer sind meine Stakeholder?
- Welche Kanäle können zur Kommunikation genutzt werden?
- Welche Zielgruppen nutzen welche Kanäle?
- Welche Informationen werden für welche Zielgruppe zu welchem Zeitpunkt und welchem Turnus bereitgestellt?
- Wie wird das Feedback aus der Organisation eingeholt und umgesetzt?
Partizipation
Je stärker die Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess eingebunden werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Wandel akzeptieren und unterstützen. Das "Not-Invented-Here-Syndrom" und das Gruppendenken können durch eine frühzeitige und umfassende Einbindung der Betroffenen gemildert werden. Partizipation schafft nicht nur Akzeptanz, sondern fördert auch die Entwicklung von Lösungen, die besser auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Organisation abgestimmt sind, sodass echte Probleme gelöst werden. Hierbei spielt das Anforderungsmanagement und die Implementierung von Feedbackschleifen (bspw. im Rahmen von Kommunikationsplattformen wie Communities) eine zentrale Rolle. Empfehlenswert ist hierfür insbesondere der Aufbau eines Demand Backlogs, um die Anforderungen der Nutzer*innen strukturiert aufzunehmen.
Externe Expertise
Externe Expertise kann im Change Management eine entscheidende Rolle spielen. Externe Berater*innen bringen frische Perspektiven und wertvolle Erfahrungen aus anderen Projekten mit, die interne Teams möglicherweise noch nicht haben oder aufgrund von Kapazitätsengpässen nicht ausreichend abrufen können.
Sie helfen, betriebsblinde Strukturen und Prozesse zu identifizieren und aufzulösen, indem sie bewährte Methoden und frische Impulse einbringen. Darüber hinaus entlasten sie die internen Mitarbeitenden, die sich weiterhin auf ihr Tagesgeschäft konzentrieren können, während die Expertinnen und Experten den Veränderungsprozess begleiten. Sie fungieren oft als neutrale Instanz, die Spannungen abbauen und eine objektive Sichtweise auf die Herausforderungen und Lösungen bieten kann. Ihre Unabhängigkeit und Erfahrung machen sie zu wertvollen Partnern, um die Hürden des Change Managements erfolgreich zu überwinden.
Fazit
Change Management ist ein entscheidender Erfolgsfaktor im Rollout Management. Die Überwindung der Hürden des „Nicht-Wissens", „Nicht-Dürfens", „Nicht-Könnens" und „Nicht-Wollens" erfordert eine durchdachte Strategie, die auf Kommunikation, Partizipation und Befähigung setzt. Externe Expertise kann dabei eine wertvolle Unterstützung bieten, um betriebsinterne Barrieren zu überwinden und den Wandel erfolgreich zu gestalten. Nur durch die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten und den gezielten Einsatz externer Ressourcen kann ein Rollout zum Erfolg geführt werden, der nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch und kulturell nachhaltig ist.