Auch wenn die nachfolgende Betrachtung sehr kategorisiert, vielleicht sogar sehr absolut in ihren Annahmen stattfindet, so gilt es deutlich zu machen, dass bei jeder agilen Rolle agile Werte über allem stehen. Das agile Mindset schlägt zu jedem Zeitpunkt Rollen, Aufgabenbeschreibungen und Verantwortlichkeiten. Diesem Umstand trägt dann aber auch die Rolle des Scrum Masters sowie des Product Owners, Rechnung. Beide haben ihren Ursprung im Scrum Guide und sind daher detailliert beschrieben. Zu dieser Beschreibung gehört, dass der Scrum Guide die Werte Fokus, Commitment, Openness, Respect als auch Courage voraussetzt.
Sowohl beim Agile Coach als auch bei mutmaßlich kontextabhängigen, angrenzenden Rollen, welche zunehmend in Erscheinung treten, wie zum Beispiel dem Agile Master, Agile Manager oder Scrum Coach wird diese Definition ungenauer. Im deutschsprachigen Raum trat der Begriff vor ca. 10 Jahren das erste Mal in Erscheinung. Damals noch exklusiv im Umfeld der agilen Communities. Mittlerweile, so scheint es, wird dem Agile Coach mehr Bedeutung zugeschrieben, als dem Scrum Master. Das Recruiting gibt es vor, Klientenanfragen und deren Ausschreibungen erwarten es: Man muss agiler Coach sein.
Aber was heißt das eigentlich im Detail? Die Antwort auf diese Frage kann auf mehreren Ebenen betrachtet werden:
- Die Haltung, welche die jeweilige Rolle in ihrer Arbeit dem agilen Unternehmen gegenüber einnimmt.
- Die persönliche Erfahrung, welche die ausübende Person vorweisen kann.
- Die Aufgabenkontexte, welche konkret betrachtet werden.
Mit Haltung meine ich, wie sich der Scrum Master bzw. der Agile Coach seinem Umfeld gegenüber positioniert. Ein Scrum Master wird tendenziell immer pragmatischer arbeiten als es ein Agile Coach dies tut. Er wird häufiger „anpacken und selber machen“, wohingegen der Agile Coach – und eben das besagt dieser Begriff nunmal, Hilfestellungen zur Selbsthilfe geben wird. Er wird spiegeln, Fragen stellen und zurückhaltender auftreten. Natürlich gibt es hier aber kein schwarz und weiß, sondern viel grau.
Dort ist aber dann auch direkt der notwendige Zusammenhang zur (beruflichen) Erfahrung zu sehen. Die Wahrnehmung, wann ein Team unter Anleitung selbst ein Problem lösen kann und wann ein Abwarten nur schaden würde, muss erlernt werden. Meiner persönlichen Ansicht nach ist es vermessen, sich als agiler Coach zu verkaufen, bevor man vier bis fünf Jahre berufliche Erfahrung in dem Umfeld sammeln konnte.
Erfahrungen unterschiedlicher Art benötigt ein Agilist auch in den einzelnen Aufgabenfeldern, in welchen er sich bewegen kann. Es ist nicht notwendig alle aufgezeigten Felder zur Perfektion zu beherrschen. Es ist wie in einem agilen Team: Know-how ist eher T-Shaped bzw. M-Shaped zu erwarten. Jedoch können diese typischen Aufgaben auf die unten abgebildete Achse gelegt werden, um zu zeigen, welche von einem Scrum Master und welche von einem Agile Coach zu erwarten sind.