In unserer Umfrage haben wir festgestellt, dass die IT eher als Dienstleister und Unterstützer gesehen wird, weniger als Innovator und Enabler. Wie ist aktuell die Wahrnehmung bei der diva-e und wie sollte sie sich in Zukunft verändern?
Mittlerweile ist die Wahrnehmung wesentlich besser als ich im Jahr 2017 angefangen habe. Damals sind wir gefühlt immer hinterhergelaufen. Wir mussten viel Überzeugungsarbeit für neue Infrastruktur und Standardprozesse leisten und Widerstände auflösen. Bei allen Wünschen ging es immer darum, alles in einem Bild zusammenzufügen. Seit gut einem Jahr wandelt es sich. Es geht nicht mehr allein um die Stabilität von IT-Systemen, Modernisierung von Infrastruktur oder Migrationen von Altsystemen. Wir können jetzt strategischer darüber nachdenken, was wir brauchen, wie wir eine skalierbare IT schaffen. Jetzt können wir mit Projektteams ins Gespräch gehen und fragen, was sie brauchen, um einfacher zu arbeiten. Wir können in unseren „Come-Togethers“ (da kommen alle Mitarbeiter zusammen) vorstellen, was wir in den nächsten drei bis sechs Monaten vorhaben und warum. Der Shift in die Proaktivität hat meinem Team und unserem Stellenwert im Unternehmen sehr gutgetan.
Wie hat sich die Corona Pandemie auf das Unternehmen und die Ansprüche an die IT ausgewirkt. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Wir hatten den großen Vorteil, dass wir sehr gut vorbereitet waren und unsere Infrastruktur schon auf mobiles Arbeiten ausgerichtet war. Von Tag 1 an konnte jeder Mitarbeiter einfach aus dem Homeoffice weiterarbeiten. Rein technisch war das kein Problem. Was im Tagesgeschäft zugenommen hat, sind die vielen Anfragen im User Support. Da fragt man nicht mehr untereinander oder googelt nach einer Lösung, auch bei simplen Problemen. So paradox es klingen mag, haben wir im Team dennoch mehr Zeit, um Projekte voranzutreiben. Es könnte daran liegen, dass mein Team schon immer ein Remote-Team war und auch, dass weniger Kollegen bei Problemen direkt am Schreibtisch stehen, sondern Gebrauch von den zentralen Supporttools machen, die wir etabliert haben. Ich glaube auch, dass die Mitarbeiter mittlerweile mehr Vertrauen in die IT haben, dass wenn sie eine Supportanfrage aufmachen, diese auch zeitnah beantwortet wird.
Kommen wir noch einmal auf die Integration der unterschiedlichen Organisationen und Kulturen und die damit verbundenen Herausforderungen für die IT zurück. Was war erfolgskritisch?
Wir haben anfangs drei oder vier Firmen dazu genommen und zunächst war es tatsächlich so, dass die IT ein bisschen vergessen wurde. Dann mussten z.B. sehr schnell Mailadressen umgestellt, Alt-Systeme abgelöst und migriert werden. Das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert, weil ich mehr Sichtbarkeit im Unternehmen erzeugt habe und sozusagen meinen Fuß in die Tür gestellt habe. Seitdem bin ich früh in mögliche Akquisitionen involviert, weiß von Due Dilligence-Aktivitäten und um die Planung für die Integration. Es war sehr wichtig, das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass bei Firmenzukäufen IT-seitig einiges dranhängt.
Wenn wir Firmen für Zukäufe aussuchen, achten wir darauf, dass sie kulturell zu uns passen. Von daher gelingt es uns immer gut, die IT-Kollegen aus diesen neuen Firmen schnell ins Team zu integrieren und arbeitsfähig zu machen. Sie können dann wiederum gut als Multiplikator agieren und die anderen „neuen“ Kollegen unterstützen und Ängste vor den Veränderungen zu nehmen.
Wie gehen Sie bei der Integration konkret vor, wenn es um Unternehmenszusammenschlüsse geht?
Es passiert oft auf zwei Ebenen. Die eine ist die technische, es geht um Fragen wie: Was ist an Tools vorhanden? Was müssen wir ablösen? Wie müssen wir ein bestehendes Active Directory bei uns anbinden, E-Mail-Migration etc. Das andere ist der schnelle Kontakt zur Geschäftsführung, um frühzeitig abzuklopfen, wie offen die Unternehmen sind eigene Tools und Infrastruktur in die die diva-e Infrastruktur zu migrieren und sich von eigenen Prozessen etc. zu trennen, das klassische Change-Management sozusagen.
Die Tendenz ist erst einmal, alles in der Firma zu behalten. Da müssen wir behutsam vorgehen und auch zulassen, dass es mal etwas länger dauert, bis IT-Themen „abgegeben“ werden. Die Integration der IT-Kollegen geht immer relativ schnell. Die IT-Kollegen wechseln ins zentrale IT-Team und lernen so die Strukturen der diva-e kennen. Wichtig ist mir, dass wir schnell gute Beziehungen untereinander knüpfen und dass die neuen Kollegen Ideen davon entwickeln, wie die Prozesse angegangen werden. Wir informieren früh über anstehende Veränderungen, bieten Sessions für Fragen an, gehen transparent mit Themen um, um Ängste zu nehmen.
Mit Blick auf Standardisierung und Automatisierung: Welche konkreten Maßnahmen haben Sie implementiert?
Wir haben recht früh bemerkt, dass wir den Mitarbeitern ein Tool an die Hand geben müssen, um als One-Company zusammenzuwachsen. Viele unserer Kundenprojekte wurden bereits Standort- und firmenübergreifend bearbeitet und wir hatten damals noch x-verschiedene Chat- bzw. Kollaborations-Tools im Unternehmen. Es war daher sehr unübersichtlich für die Teams und Kommunikationswege waren teilweise umständlich und langwierig Wir haben uns dann im Auswahlprozess für Microsoft 365 entschieden was uns ermöglichte, auch neue Kollegen schnell zu integrieren.
Parallel dazu haben wir einen einheitlichen Helpdesk-Prozess aufgesetzt und die Kollegen daraufhin trainiert. Wir haben uns in agilen Teams organisiert, KPIs definiert und arbeiten stetig am Thema Security (MFA, ISMS usw.). Ein weiteres Automatisierungsthema ist beispielsweise die Softwareverteilung mittels Intune oder sog. Autodeployments für die Betankung von Laptops aus der Ferne, was den Zeitaufwand für alle Beteiligten stark verkürzt, vor allem im Hinblick auf das weitere mobile Arbeiten.
Welche kritischen Erfolgsfaktoren sehen Sie für eine wertschöpfende Zusammenarbeit von Fachbereich und IT und wie wichtig sind dabei Kultur und Verständnis?
Ich würde sagen, Kultur und Verständnis sind das Wichtigste Gut, damit steht und fällt alles. Entscheidend ist aber auch, dass die IT sichtbar ist und auch am Puls der Zeit agiert, um ihre Relevanz zu vermitteln. Wir haben viele IT-Kollegen, Developer und auch Systemadministratoren auf Kundenseite, die sich intensiv mit ihren Themen beschäftigen und einen hohen technologischen Standard wünschen. Da müssen wir als IT Treiber sein. Zudem bedarf es Leadership, die Mitarbeiter dazu zu motivieren, aus sich herauszugehen. Ich freue mich, dass es mir bei meinem Team gelungen ist.