Jasmin Deling, Stabstellenleiterin Digitalisierung für die Wirtschaft NRW beim MWIKE
Spirit-Magazin | Exzellenz im Gespräch

„Geht nicht, gibt’s nicht.“

Jasmin Deling leitet die Stabsstelle Digitalisierung für die Wirtschaft NRW. Mit dem Wirtschafts-Service-Portal.NRW hat sie eine Plattform mit bundesweiter Strahlkraft geschaffen. Ein Gespräch über Moving Targets, föderale Zusammenarbeit und die Einbindung von Start-ups. [Bildquelle: Mohr Events]

Frau Deling, was bedeutet Exzellenz für Sie?

Ein großes Wort. Für mich heißt das, immer besser zu werden in unseren Leistungen für die Wirtschaft – durch einfache, userzentrierte, innovative Services. Wir stehen hier in der Verantwortung, die digitale Transformation der Wirtschaftsverwaltung maßgeblich voranzutreiben. 

Nennen Sie uns Beispiele für solche Services.

Nehmen wir das WSP.NRW...

... das Wirtschafts-Service-Portal.NRW. Es wurde beim eGovernmenent-Wettbewerb 2021 als bestes OZG*-Projekt und mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

Hier kann man seine Gewerbeanmeldung innerhalb von 15 Minuten erledigen, ein Chatbot beantwortet Gründungsfragen und ein Gründungsassistent leitet Start-Ups KI-gestützt durch alle notwendigen Services. Über 400 Verwaltungsleistungen sind schon heute über das Portal zentral elektronisch abrufbar – medienbruchfrei und ohne großen Aufwand. 

Das Portal hat Leuchtturmcharakter für andere Bundesländer.

Es war ein ziemlich ambitioniertes Unterfangen. Innerhalb von anderthalb Jahren haben wir eine komplexe, offene Plattform-Architektur auf die Beine gestellt. Wenn Sie sich allein die integrierten Services ansehen: Noch 2021 sprachen wir von drei Verwaltungsleistungen, jetzt wie gesagt von 400. Da müssen jede Menge Player zusammengebracht, Hürden und Silos überwunden werden. Eine enorme Herausforderung an die Projektsteuerung, die Cassini federführend übernahm. Alle Partner im Projekt haben in den letzten Jahren so zusammengefunden, dass wir inzwischen ein extrem engagiertes und innovatives Team am Start haben. Wir haben als WSP.NRW-Team in den letzten beiden Jahren alle Herausforderungen gemeinsam gemeistert. „Geht nicht, gibt`s nicht“, lautet unser Motto. 

Die Plattform erzeugt länderübergreifend Mehrwerte.

Das läuft nach dem EfA-Prinzip – Einer für Alle. Das bedeutet, jedes Bundesland ist gehalten, seine digitalen Lösungen und Leistungen so zu entwickeln, dass sie andere Länder einfach mitnutzen können. Tatsächlich bildet das WSP.NRW nun die Grundlage, mit 16 Bundesländern in den nächsten Jahren im Rahmen einer Mitnutzungsallianz die 400 Verwaltungsleistungen und weitere EfA-fähige Komponenten gemeinsam zu betreiben und so weiterzuentwickeln, dass sie den Herausforderungen auch im digitalen Binnenmarkt gewachsen sind. Wir werden zudem 2023 weitere fachliche Arrondierungen für die Wirtschaft durchführen und noch mehr Online-Dienste zur EfA-Mitnutzung bereitstellen. Unsere Herausforderung wird nun sein, unsere Onlinedienste noch 2023 in mindestens 9 Bundesländern so auszurollen, dass wir 50% der Bevölkerung erreichen.

Was sind Ihre Pläne?

Ich spreche von Moving Targets. Für mich hat nichts Bestand, was nicht besser werden kann. Dafür sind die Innovationszyklen durch die Digitalisierung einfach zu kurz geworden. Sie fragten mich eingangs nach meiner Vorstellung von Exzellenz. Ich möchte dieses Wort lieber durch Innovationsfreude ersetzen. Wir möchten das WSP.NRW bis 2023 als EfA-fähige App zur Verfügung stellen. Gründerinnen und Gründer können dann über ihr Smartphone unsere Onlinedienste nutzen. Wir haben vor, das WSP noch in diesem Jahr parallel in die Cloud zu stellen – und zwar im Rahmen der Anforderungen der Multi-Cloud-Strategie des IT-Planungsrates. Wir sprechen aktuell bundesweit mit Landes-IT-Dienstleistern, um die passende Cloud zu finden. Außerdem arbeiten wir eng mit unseren europäischen Partnern zusammen, über eine neu zu errichtende Plattform auch grenzüberschreitend im digitalen Binnenmarkt gemeinsam zu kommunizieren.

Noch in diesem Jahr wird es für Unternehmen möglich sein, mit dem medienbruchfreien Abruf der Daten aus dem deutschen Handelsregisterauszug mit wenigen Klicks ein Gewerbe in den Niederlanden oder in Österreich anzumelden und umgekehrt. Und das ist nur der Anfang...

Jasmin Deling, Stabstellenleiterin Digitalisierung für die Wirtschaft NRW beim MWIKE

... auf dem Weg zu einem digitalen Schengen der Verwaltungen?

Der Gedanke gefällt mir. Aber ja, in einem europäischen Binnenmarkt müssen auch Europas Verwaltungen Grenzen überwinden. Und genau das passiert jetzt. Aktuell arbeiten wir mit dem Bund und weiteren Bundesländern unter Hochdruck daran, die Anforderungen der europäischen Single-Digital-Gateway-Verordnung in nationales Recht zu überführen. Bis Ende des Jahres steht damit die erste Ausbaustufe einer nationalen technischen Architektur (NOOTS) mit Anbindung an das europäische Once-Only-Technical-System (EU-OOTS).

Mit anderen Worten: das europäische Wirtschaftsportal.

So ist es. Wir entwickeln beispielsweise mit Österreich und den Niederlanden gemeinsam neue europäische Komponenten, die den Datenaustausch im digitalen Binnenmarkt unterstützen werden. Es passiert also viel! Und es ist nicht nur so, dass wir von anderen Ländern lernen, sondern auch sie von uns. 

Deutschland als Innovationsmotor für Europa?

Jedes Land hat seine Stärken und es gilt sie, zusammenzuführen. Deutschland ist zum Beispiel im Bereich Registermodernisierung gut vorangekommen. 

Die Registermodernisierung vereinfacht Bürgerservices, indem Verwaltungen vernetzt zusammenarbeiten.

Und zum Beispiel die Einmal-Angabe seiner Steuer-Identifikationsnummer reicht, um behördenunabhängig auf Verwaltungsleistungen zuzugreifen. Mit dem Gesamtsteuerungsprojekt Registermodernisierung des IT-Planungsrates und dem gemeinsamen Engagement des Bundesinnenministeriums, aber auch der Kollegen und Kolleginnen aus Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg haben wir hier viel erreicht. Da schauen unsere europäischen Nachbarn mit Neugier drauf. Aber natürlich müssen wir noch innovativer werden. 

Wie gedenken Sie, das zu tun?

Dafür müssen wir alle Innovationspotentiale nutzen. Bei uns im WSP.NRW-Team sind inzwischen neben unserem technischen Entwicklungspartner, der Firma publicplan GmbH, eine Vielzahl innovativer Start-ups eingebunden. Deren gute Ideen wollen wir noch durch Innovationswettbewerbe im Team sichtbar machen. Die besten Ideen werden im Rahmen des WSP.NRW umgesetzt, um unsere Services noch weiter zu verbessern. 

* OZG: Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen.

Jasmin Deling

ist Stabstellenleiterin Digitalisierung für die Wirtschaft NRW beim Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie in Nordrhein-Westfalen (kurz: MWIKE).

Exzellenz. Wonach wir streben.

Cassini Consulting hat dem Lagebericht 2022 ein Magazin zum Thema Exzellenz vorangestellt. Darin lesen Sie hintergründige Artikel, Gastkommentare und Interviews, für die sich freundlicherweise auch unsere Klienten zur Verfügung gestellt haben. Ihre Interpretation von Exzellenz ist individuell. Man kann sogar zu dem Schluss kommen, dass es Exzellenz im Kern gar nicht gibt. Erst danach zu streben, führt zu Spitzenleistung.

Sie möchten den Lagebericht bestellen? Schreiben Sie eine E-Mail an marketing@cassini.de

Bronze beim Digitalisierungswettbewerb

Mit dem Projekt „MWIDE digital 2022“ gelang der Weg zum Modellministerium. Cassini hat den Prozess begleitet. Der eGovernment-Wettbewerb vergab die begehrte Auszeichnung in der Kategorie „Bestes Modernisierungsprojekt“. 

Erfahren Sie mehr über Hintergründe und Highlights in unserem Artikel.

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