Kann ein CDO die an ihn gestellten Aufgaben überhaupt ausgestalten oder steht er im Dauerclinch mit den (Macht-)Interessen des CEO? Wird er wirklich enabled/empowered durch die Führung, den CEO oder ist er nur eine bessere Stabsstelle bzw. Projektmanager auf Zeit? Kann der CDO in dieser visionären und strategischen Rolle überhaupt erfolgreich sein?
Seit mindestens einem Jahr reüssiert der Begriff digitale Transformation und in diesem Zusammenhang der CDO in der Fachpresse, bei Digitalos, in der Politik usw. Verschiedene CDO-Ausprägungen werden in die Diskussion geworfen:
- CDO – der bessere CIO
- CDO – die Allzweckwaffe
- CDO – der Visionär
- CDO – der CMO der Zukunft
- CDO – die personifizierte digitale Transformation
Der CDO entspricht in den meisten Fällen Superman oder MacGyver, James Bond, dem A-Team und dem Highlander in einem. Figuren, die Nicht-Digital Natives bestimmt gut kennen. Die Anforderungen sind entsprechend hoch an diese Person: jung, superdynamisch, digital Native, Generalist mit großem Erfahrungsschatz, Spezialist in allen digitalen Bereichen. Emphatisch, visionär, mutig und mitreißend.
Auf Augenhöhe mit dem CEO? In der Realität nicht wirklich, dann doch besser eine Etage tiefer. Warum wohl? Weil Superhero CDO den Managern Angst macht? Weil zu viele Manager grundsätzlich Angst haben? Weil Manager am Ende zum Angst haben erzogen wurden? Schließlich werden in der Zeit der Zahlen, sprich Controller, Erfolge belohnt, nicht die Vision und Unternehmertum, zu neudeutsch: Leadership?
Deutscher Mittelstand zögert noch
Apropos Unternehmertum: Gehen die Unternehmer, zumeist unter „deutscher Mittelstand“ bekannt, vorweg? Untersuchungen zeichnen ein unterschiedliches Bild.
Aber wurde dort ein CDO gesichtet? Grundsätzlich gilt der deutsche Mittelstand als eher abwartend, wenn es um große Veränderungen geht. In der einschlägigen Fachliteratur über Strategien wird dies tatsächlich als eine von mehreren berechtigten Strategievarianten aufgeführt. Bleibt die Frage, inwieweit diese Strategie, bedingt durch die enorme Veränderungsgeschwindigkeit noch zutrifft und nicht durch eine Strategie des entschlossenen Handelns gepaart mit Anpassungs- und Lernfähigkeit abgelöst wurde.
Zusätzlich zur Digitalisierung ergeben sich nicht nur andere Geschäftsmodelle durch neue Technologiewelten, sondern es verändert sich zusätzlich auch die Zusammenarbeit und damit einhergehend der Führungsstil. Bewusst nicht Managementstil genannt. Dass dadurch alles noch schneller wird bzw. eine Folge dieser Schnelligkeit ist, sei nur am Rande erwähnt.
Doch zurück zum Thema: Das Management hat sich nun doch entschlossen einen CDO anzuheuern und gibt ihm auch einen weiten Rahmen, hoffentlich auch Budget. Was bedeutet das für seine Aufgabenstellung und was sollte in den ersten 100 Tagen des CDO angegangen werden?
Strategy first
Es lohnt ein Blick zurück. Zum einen: Was mache ich als Unternehmen, wenn ein Wandel/eine Transformation ansteht? Stelle ich sofort einen CDx ein? Allgemeinhin würde das als Aktionismus gelten. Erst denken, dann reden lautet eine alte Volksweisheit. Gute Manager schauen zumindest ins Regelwerk: Strategie ausarbeiten und umsetzen. Eine Maßnahme daraus könnte dann der CDO sein.
Leader gehen noch einen Schritt weiter: Sie entwickeln eine Vision und geben es dann an die Manager zur Umsetzung ab. Wahre Leader schaffen eine „Vorvision“ und binden dann recht schnell die Manager mit ein. Die besonders guten Leader haben mittlerweile gar nicht mehr so viele Manager in ihren Reihen, sondern lauter kleine Unternehmer, die vorweggehen und der Leader moderiert in den meisten Fällen seine Unternehmer im Unternehmen und hin und wieder initiiert er auch. Gelungenes Innovationsmanagement mit offener und zutrauender Führung, die andere befähigt.
Im Gegenzug hat er deutlich mehr Zeit, diese Kleinunternehmer für diese Vision oder besser Mission mitzunehmen und weiterzuentwickeln, damit diese Mitarbeiter gerne für dieses Unternehmen arbeiten. Durch diesen Stil hat der Leader die Möglichkeit, viele Themen gleichzeitig voranzutreiben. Das Unternehmen wird schnell und hochflexibel in seiner Anpassungsfähigkeit. Ein gutes Veränderungsmanagement wird dies durch schnelle Erfolge in Zahlen beweisen. Das wiederum quittiert die Finanzwelt mit einem hohen Unternehmenswert und entsprechender Reputation in der Presse. Es wird ein hochattraktives Unternehmen geschaffen, das wiederum die besten Leute anlockt. Die Unternehmensmarke wird gestärkt. Die Produkte und Leistungen sind State of the Art und werden durch Kundenzufriedenheit und hoher Brand Awareness der Produkte und wieder der Unternehmensmarke belohnt. Ein Perpetuum Mobile des Erfolgs.
Patentrezept gesucht
Wenn es doch so einfach wäre! Da es das aber nicht ist, ein Blick darauf, wie man dies strukturiert angehen könnte. Dazu werden aus dem Rezeptbuch der Managementlehren folgende Zutaten entnommen:
- Change-Management
- Vision erschaffen
- Innovationsmanagement
- Strategiemanagement
- Leadership
- und weitere.
Backe daraus die digitale Transformation und nehme den CDO als Zuckerguss um die Torte. Aber auch hier wird schon klar, Rezepte allein reichen nicht für den 1. Preis im Tortenwettbewerb. Der Bäcker macht den Unterschied – oder sind es die Bäcker?
Unternehmensvision neu denken
Eine wahre Veränderung, hier die digitale Transformation, beginnt beim Top-Management. Mit der Reflexion, die eigenen Grundsätze des Business zu hinterfragen und der echten Option sie sogar auf den Kopf zu stellen. Umdenken. Und nicht glauben, nur weil man bisher erfolgreich war, dass seine persönliche ewigwährende Erfolgsformel gefunden hat. Erfolgreich war im Übrigen nicht, wer gerade mal mit dem Marktwachstum Schritt gehalten hat. Diese Unternehmen sind dann eher durch Glück erfolgreich.
Erst mit Reflexion und Umdenken klappt es mit einem ersten Entwurf für eine neue und zukunftsgerichtete (digitale) Unternehmensvision. Diese lautet dann auch nicht: „Wir werden Marktführer in unserem Segment durch Technologie-, Kosten- und Serviceführerschaft, um beste Kundenzufriedenheit und gleichzeitig Valuesteigerung für unsere Shareholder zu erreichen“. Eine gute Unternehmensvision könnte so aussehen:
Vision:
Wir möchten, dass in jedem Menschen ein bisschen vom Unternehmensglück steckt.
Mission:
Unser Management und unsere Mitarbeiter fühlen sich verpflichtet, jeden Tag daran zu arbeiten, um dieses Leistungsversprechen einzulösen.
Strategie:
Um dies zu erreichen, machen wir für jeden Motivation, Eigenverantwortung, Zusammenarbeit und Erfolg besser. Wir befähigen die Menschen in der digitalen Welt, ihre naturgegebenen Potentiale auszuschöpfen und auch zu leben zu können. Damit schaffen wir höchste Kundenzufriedenheit und innere Loyalität, die sich auf die Shareholder mit einem erhöhten digitalen Glücksgefühl auswirkt.
Erst wenn eine solche Vision mit Mission und Grobstrategie existiert, ist der richtige Zeitpunkt, die richtige Basis gelegt für den Start eines CDO. Er findet nun ein klares Leitbild vor (Vision), der alle folgen können (Commitment über die Mission), und wie/worüber (Grobstrategie) das erreicht werden soll. Liegt dies nicht vor, müsste er zuerst die Aufgaben des CEOs übernehmen.
Ist das strategische Fundament durch den CEO gesetzt, empfehlen wir dem CDO in den ersten 100 Tagen folgende Vorgehensweise gemäß „Checkliste 100 Tage CDO“ anzugehen.