Artikelreihe IoT-Security IoT 1/6
Artikelreihe IoT-Security

Teil 1: Die Herkunft des Internet der Dinge – Nur ein gigantischer Marketing-Stunt?

Im ersten Teil unserer Artikelserie möchten wir Ihnen einen Blick zu den Wurzeln des IoT geben und auf den Grund gehen, was „smarte“ Geräte überhaupt ausmacht und wie sie sich in den drei Ären des Computing wiederfinden.

In den vergangenen Jahren konnte man als Verbraucher den Aufstieg des Internet of Things (IoT) hautnah erleben. In den großen Online-Shops und Elektronik-Märkten gab es zunehmend ein steigendes Angebot an Dingen, die im Vergleich zu ihren klassischen Vorgängern zwar einen ähnlichen Zweck erfüllen, zusätzlich aber noch internetfähig und vernetzt sind. 

Statt des Internet of Things (zu Deutsch Internet der Dinge) kommt uns häufig noch ein zweiter Begriff in den Sinn, der der smarten Geräte. Sei es der smarte Fernseher, die smarte Glühbirne oder die smarte Heizungssteuerung, Smartness ist in unserem Sprachgebrauch zur Beschreibung von etwas geworden, das einfach ein bisschen mehr bietet als die nicht-smarte Alternative. Smarte Geräte unterstützen uns ein bisschen besser im Alltag und unser Smartphone ist sowieso schon zu einem täglichen Begleiter geworden, der aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken ist.

Denkt man jedoch einmal genauer darüber nach was diese Geräte im Einzelnen eigentlich tun, verfliegt der Zauber der Smartness schnell. Der Staubsaugroboter beispielsweise führt zu vorprogrammierten Uhrzeiten selbstständig eine Reinigung durch, die smarte Glühbirne geht an, sobald ich den Raum betrete. Das ist enorm hilfreich, aber im Grunde sind das sehr einfache Abläufe, die man vor einigen Jahren noch im Bereich der klassischen Automation verortet hätte. Aber was ist dann der Grund, dass das Internet of Things für Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen interessant und relevant wurde? Ist das alles nur ein gigantischer Marketing-Coup, der den Begriff der Automation wiederbeleben sollte und hierbei offensichtlich sehr erfolgreich war?

Der Ursprung der Alltagstechnologien

Um dieser Frage nachzugehen, muss man in der Zeit einige Jahre zurückblicken. Denn entgegen der allgemeinen Annahme, dass das Internet of Things ausschließlich eine Entwicklung der jüngsten Vergangenheit ist, liegt der Ursprung des Gedankens schon viel früher, genauer gesagt zu Beginn der 1990er-Jahre. In einer Veröffentlichung mit dem Titel „The Computer for the 21st Century“ prägte ein US-amerikanischer Wissenschaftler namens Mark Weiser erstmals den Begriff Ubiquitous Computing, der übersetzt etwa so viel bedeutet wie Allgegenwärtiges Computing. Dieser Begriff war der Kern einer Vision, die aus seiner Sicht das zukünftige Verhältnis zwischen Computern und Menschen beschrieb.

In seiner Vision erklärte er, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt einen Trend im Computer-Nutzungsverhalten der Menschen feststellte. Demnach bestand die erste Ära der Computernutzung darin, dass sich viele Menschen gemeinsam einen Großrechner teilten (n-zu-1 Beziehung), während sich in der zweiten Ära der Computernutzungdurch den Personal Computer (PC) zunehmend eine 1-zu-1 Beziehung einstellte. Er vertrat die Meinung, dass der nächste konsequente Schritt in dieser Entwicklung die Verschiebung hin zu einem Nutzungsverhalten sei, in dem jeder Mensch mit beliebig vielen Computern interagiert (1-zu-n Beziehung). 

Die drei Ären des Computing

The most profound technologies are those that disappear. They weave themselves into the fabric of everyday life until they are indistinguishable from it.

Mark Weiser, 1991 (aus „The Computer for the 21st Century“)

Weiser spricht in seiner Vision davon, dass gerade die Technologien, die für den Menschen unsichtbar sind, die tiefgreifendsten sind. In seiner Vorstellung sollen Menschen sich in ihrem täglichen Leben intuitiv bewegen, und dabei von zahlreichen Geräten oder vernetzten Dingen unterstützt werden, die sich bestenfalls unsichtbar, unmerklich und im Hintergrund in das Geschehen einfügen. Heute fällt es leicht sich in diese Situation hineinzuversetzen. Niemand möchte gerne darüber nachdenken, ob man beim Betreten des Raumes die smarte Glühbirne erst einschalten muss, da dies im Idealfall im Hintergrund und ganz automatisch passiert. Zu Beginn der 1990er-Jahre war diese Vorstellung jedoch sehr abstrakt und weit von der Realität entfernt, da es zu diesem Zeitpunkt kaum kleine, drahtlos vernetzte Geräte gab, die solche Aufgaben hätten ausführen können. 

Es steht außer Frage, dass Marc Weiser in vielerlei Hinsicht ein Visionär und Pionier war. Das wird spätestens klar, wenn man betrachtet, dass er schon in den späten 1980er-Jahren unter anderem an der Entwicklung von ersten Prototypen von PDAs (frühere Smartphones), Tablet-PCs und Smartboards beteiligt war. Der Wissenschaftler verstarb im Jahr 1999 und konnte den Durchbruch seiner Ideen und insbesondere des Ubiquitous Computing nicht mehr erleben.

Ein erster Prototyp eines Smartboards [Quelle: The Computer for the 21st Century]

Vom vernetzten Gerät zum smarten System 

Betrachtet man heutige Definitionen für das IoT wird schnell klar, dass sich das, was heute als Internet of Things bezeichnet wird, stark an dem anlehnt, was Mark Weiser vor knapp 30 Jahren beschrieben hat. Es geht wenig überraschend um Dinge, die miteinander vernetzt werden sollen. Diese könne physisch oder virtuell sein. Häufig wird aus physischen Gegenständen eine virtuelle Version erstellt, die den Funktionsumfang abbildet, Steuerbefehle entgegennimmt und an das physische Gerät weitergibt. Alle Dinge müssen hierzu eine eindeutige Identität besitzen, mit der sie von anderen Geräten angesprochen werden können. 

Typischerweise sind IoT-Geräte technisch dadurch charakterisiert, dass sie im Vergleich zu herkömmlichen Computern (PCs) in verschiedener Hinsicht beschränkt sind. Dies betrifft beispielsweise vor allem Rechenleistung, Speicher und Funktionsumfang. Die Einschränkungen resultieren zum einen daraus, dass bei der Herstellung von sehr großen Anzahlen solcher Geräte Kosten gespart werden sollen. Außerdem werden die Geräte je nach Einsatz-Szenario nur über einen Akku oder in manchen Fällen auch mit Hilfe von alternativen Quellen wie Sonnenkollektoren mit Strom versorgt. Durch eine Begrenzung der Rechenleistung auf ein Minimum können so längere Gerätelaufzeiten erreicht werden. Außerdem werden Geräte häufig hardwaretechnisch speziell auf einen spezifischen Anwendungsfall zugeschnitten, um einen passgenauen Betrieb zu gewährleisten und gleichzeitig überdimensionierte Ressourcen zu vermeiden. Diese Art von Gerät wird auch als eingebettetes System bezeichnet.

Aus einer technischen Perspektive bestehen also heute kaum mehr Hindernisse, eine Vielzahl kleiner Geräte in Betrieb zu nehmen, die uns im Alltag, wie beispielsweise in unserer Wohnung, begleiten. 

Aber ab welchem Punkt sind diese Dinge nun eigentlich wirklich smart?

Das Paket mit smarter Glühbirne und Lichtschalter bietet vielleicht die Möglichkeit, verschiedene Farben einzustellen und die Helligkeit zu verändern. Der Staubsaugroboter saugt auf Knopfdruck die Wohnung. Das mag eine Erleichterung oder Verbesserung des Alltags darstellen, wirklich smart im Sinne von Weisers Vision ist das jedoch noch nicht. Denn: Smartness entsteht erst, wenn wir die Dinge gemäß der Vision sinnvoll miteinander verbinden und diese sich unauffällig und den Menschen hilfreich unterstützend in den Hintergrund integrieren. 

Mit einer App lassen sich die verschiedenen Lichtstimmungen einstellen. Ab welchem Punkt ist die Lampe smart? Reicht es, dass sie sich automatisch einschaltet, oder muss sie hierfür die Farbtemperatur der Jahreszeit anpassen? [1]

Diese Aufgabe erledigen heute große IoT-Plattformen, die entweder von Geräteherstellern selbst angeboten werden, oder die Produkte verschiedener Hersteller unter einem Dach vereinen. Das smarte Zusammenspiel der Geräte beginnt, wenn diese im Hintergrund, vom Benutzer unbemerkt hilfreiche Informationen austauschen, um ein Situationsbewusstsein zu generieren. Das ist der Fall, wenn man als Nutzer die Wohnung betritt und das Licht automatisch eingeschaltet wird, weil der Bewegungsmelder den Nutzer erkannt hat. Da die IoT-Plattform auch Informationen zu Standort und Tages- bzw. Jahreszeit liefert, wird das Licht automatisch in einer zur Situation passenden Stimmung eingestellt. Die Information, ob der Nutzer sich gerade zuhause befindet, liegt auch dem Staubsaugroboter vor, sodass dieser die Reinigung durchführen kann, wenn der Nutzer gerade unterwegs ist und somit nicht gestört wird. Solche Szenarien lassen sich beliebig weit ausführen, bis hin zur automatischen Rollladensteuerung und Rasenbewässerung, die auf Daten des Sonnen- und Niederschlagssensors zugreift.

Smart Integration größer denken

Was wurde damit nun erreicht? Der Nutzer betritt seine Wohnung, ohne sich Gedanken über die Interaktion von den vielen Geräten machen zu müssen, die im Hintergrund abläuft. Er profitiert von dem engen Zusammenspiel der unsichtbaren Komponenten und der Smartness, die mit der Aggregation verschiedenster Daten einhergeht. Das Resultat für den Nutzer ist, dass er sich keine Gedanken mehr über die vielen Dinge machen muss, die zuvor erledigt werden mussten. Dinge, die eigentlich keinen Spaß machten, aber dennoch nötig und zeitaufwendig waren. Sei es das Gießen der Blumen als Voraussetzung für eine schöne Wohnatmosphäre oder das manuelle An- und Ausschalten der Beleuchtung damit man eben nicht in der dunklen Wohnung saß. Das IoT präsentiert hier die passende Lösung, den Nutzer von seinen normalen, vielleicht auch nur unterbewusst als lästig wahrgenommenen Pflichten zu befreien.

Jedoch reicht es für dieses Ziel nicht aus, zahlreiche vernetzte Geräte nebeneinander in Betrieb zu nehmen. Dies beginnt schon damit, dass auch Geräte verschiedener Hersteller miteinander kommunizieren können sollten, um einen Austausch von Daten ohne Eingriffe durch den Nutzer zu schaffen.

Um einen echten Mehrwert zu schaffen braucht es einen Plan, wie diese neuen technischen Möglichkeiten durch ein geschicktes Zusammenspiel ein größeres Ziel erreichen – unter Berücksichtigung der Wahrung von Privatsphäre, dem damit einhergehenden Datenschutz und der Sicherstellung der IT-Security.

All das erinnert erstaunlich stark an die Vision aus 1991. Eine Vision, die den Grundstein für Vieles von dem legte, was wir heute noch immer mit Faszination und Freude in unserem täglichen Leben entdecken und nicht mehr missen möchten. Zumindest solange wir aktiv darüber nachdenken. Denn nur wenige Stunden später betreten wir unsere Wohnung erneut und haben all die Geräte vergessen, die unser Leben smart machen.

Diese Vision lässt sich jedoch nicht nur durch kleinere, bessere und schnellere Geräte erreichen, denn das IoT besitzt größere (technische) Herausforderungen als es auf den ersten Blick vermuten lässt. In den kommenden Teilen dieser Artikelreihe wollen wir auf diese gezielt eingehen.

Artikel von:
Jens Neureither, Senior Consultant, Cassini Consulting
Jens Neureither
Senior Consultant

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Emerging Technologies – aufstrebende Technologien – sind der Wegbereiter für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Doch bei ihrer Betrachtung ist der Sicherheitsaspekt von großer Bedeutung. Denn Cyberkriminelle machen sich gerade in der Pionierphase mangelndes Wissen über Technologien und ihre Sicherheitslücken zunutze. Jens Neureither und Finn-Ole Klug setzen sich intensiv mit dem Themengebiet „Securing Emerging Technology“ (SET) auseinander. Dieses beginnt bei der vermeintlich schon etablierten Cloud Technologie und geht über das Internet der Dinge und sicheren Blockchain Use Cases bis hin zu dem noch nicht massentauglichen Quantum Computing.

Jens Neureither, Senior Consultant, Cassini Consulting
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