Die großen Themen der Verwaltungsdigitalisierung

Das Onlinezugangsgesetz – die wohl dynamischste Entwicklung der Verwaltungsdigitalisierung

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) hat eine große Dynamik für E-Government in Deutschland ausgelöst und wird gemeinsam mit der Realisierung des Registermodernisierungsgesetzes als eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Verwaltung der Zukunft gesehen.
Verwaltung der Zukunft bedeutet nutzerzentrierte Online-Services, das Befolgen des Once-Only-Prinzips und das Schaffen von Synergien bei Datenverarbeitung und IT-Standards auf allen föderalen Ebenen und in der EU.
Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung digitaler Prozesse in der Verwaltung unmissverständlich klar gemacht. Das OZG-Programm hat mit verschiedenen Maßnahmen schnell auf die Pandemie reagiert. So wurden bspw. gesundheits- und krisenrelevante Leistungen in der Digitalisierung priorisiert und ihre Umsetzung beschleunigt. Fachkonzeptionen für Verwaltungsleistungen wie Corona-Entschädigungen und Arbeitslosengeld II wurden im Expressverfahren durchgeführt, mit dem Bundeskonjunkturpaket wurden darüber hinaus Finanzmittel in Höhe von 3 Mrd. Euro für die Verwaltungsdigitalisierung bereitgestellt.
Dennoch: Anderthalb Jahre vor dem avisierten Zieldatum der OZG-Umsetzung liegt noch viel Arbeit vor der Verwaltung. Während der Bund mit der Digitalisierung gut voran kommt, fühlen Länder und Kommunen sich hinsichtlich ihrer oft viel komplexeren Digitalisierungsherausforderungen überfordert.

Artikelreihe zu den Trendthemen der Öffentlichen Verwaltung

Dieser Artikel ist der letzte einer vierteiligen Serie zu den wesentlichen Themen der Verwaltungsdigitalisierung. Heute beleuchten wir das Thema Onlinezugangsgesetz.

Onlinezugangsgesetz

Onlinezugangsgesetz – was heißt das überhaupt?

Das „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ verpflichtet den Bund und die Länder seit 2018, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch als digital verfügbare Option über Verwaltungsportale anzubieten. Dahinter stecken konkret zwei Handlungsbereiche: Digitalisierung und Vernetzung. Zum einen müssen knapp 600 Verwaltungsleistungen auf allen föderalen Ebenen digitalisiert werden. Zum anderen muss eine technische Infrastruktur geschaffen werden, die es Bürger*innen erlaubt, jegliche Verwaltungsleistungen mit nur wenigen Klicks über ein Single Sign-On zu erreichen.
Verwaltungsleistungen schließen in der Umsetzung des OZG lediglich nach außen wirkendes Handeln der Verwaltung ein. Das bedeutet, Verwaltungsverfahren und für deren Abwicklung erforderliche elektronische Informationen der Nutzenden sowie Kommunikation mit den Nutzenden müssen über das Internet bereitgestellt werden.

Um dieses hehre Vorhaben zu erreichen, werden zwei Handlungsstränge parallel bearbeitet: der Portalverbund inkl. Nutzerkonto sowie die Digitalisierungsprogramme. In dem Portalverbund werden die Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen miteinander verknüpft. Hierbei muss unter anderem darauf geachtet werden, ein interoperables Nutzerkonto bereitzustellen, eine marktübliche elektronische Bezahlmöglichkeit anzubieten und ein elektronisches Postfach einzurichten. Digitalisierungsprogramme gibt es zweierlei: das Digitalisierungsprogramm Bund und das Digitalisierungsprogramm Föderal. In den beiden Programmen werden der jeweiligen Ebene zugeordnete Verwaltungsleistungen in insgesamt 14 Themenfeldern digitalisiert.

Wo stehen wir in der Umsetzung?

Die bundesweite Verwaltungsdigitalisierung ist hochgradig komplex. Jedes Bundesland hat eigene Kompetenzen bei der Gesetzgebung und im Vollzug. Dies macht ein bundesweites Digitalisierungsvorhaben, das letztendlich zum Ziel hat, gleichwertige Angebote für alle Bürger*innen und Unternehmen in Deutschland zu schaffen, extrem aufwändig.
Um diese Heterogenität zu navigieren und Synergien zu schaffen, hat der IT-Planungsrat die Föderale IT-Kooperation (FITKO) ins Leben gerufen. Sie vernetzt relevante Interessengruppen, entwickelt gemeinsame Lösungen und schafft Transparenz. Träger der FITKO sind alle Länder und der Bund.

Derzeit sind durch diese Umsetzungsmechanismen über 100 Leistungen bereits in der Entwicklung, davon über 80% im Digitalisierungsprogramm Föderal, also in der Verantwortung der Länder. Es können auch bereits einige Anträge für Verwaltungsleistungen online abgewickelt werden, darunter der Antrag auf Wohngeld, die Entschädigungen nach IfSG oder das Arbeitslosengeld II.
Der „Digitalisierungsmonitor 2020“ von forsa gibt erste Aufschlüsse darüber, ob diese Services bei Bürgern auch Anklang finden. Laut der Studie sind drei Viertel der Befragten der Ansicht, „dass viele Dienstleistungen nicht online im Internet abgeschlossen werden, sondern letztendlich doch noch analog, z.B. per Post oder persönlich, erledigt werden müssen. 72 Prozent meinen, dass die Hilfestellung der Behörden bei Online-Angeboten besser sein müsste.“ (1)

Signifikante Teile der Bevölkerung scheinen eine niedrige Erwartungshaltung gegenüber der Verwaltungsdigitalisierung zu haben.

Fazit und Handlungsfelder

  1. Um Bürgerinnen und Bürger nicht in ihrer niedrigen Erwartungshaltung zu bestätigen, muss die OZG-Umsetzung sicherstellen, nicht nur „Hochglanz Front-Ends“, sondern auch technisch sinnvoll daran angebundene Back-Ends zu entwickeln. Die richtige Arbeit in der OZG-Umsetzung fängt wohlmöglich erst nach dem avisierten Abschluss Ende 2022 richtig an. 
  2. Wir wissen, das OZG verpflichtet Bund, Länder und Kommunen bis zum 31. Dezember 2022, alle Verwaltungsleistungen flächendeckend über Online-Verwaltungsportale anzubieten. Ein positiver Effekt für Bürgerinnen und Bürger und Verwaltung ist aber nur dann zu erwarten, wenn Dienstleistungen, die online beantragt wurden, auch digital innerhalb der Verwaltung weiterverarbeitet werden.
  3. In der Theorie erfolgen der Austausch von Leistungsbeschreibungen und der Aufruf von Online-Leistungen im Portalverbund über eine Vermittlung. Dies soll durch das Online-Gateway Portalverbund möglich gemacht werden. Darüber hinaus sollen dezentrale Datenbestände über alle Portale hinweg mittels Basiskomponente ausgetauscht und aktualisiert werden, sodass über jedes Portal alle Verwaltungsleistungen gefunden und online abgehandelt werden können. Diese Theorie muss dringend in die Praxis umgesetzt werden, wenn das OZG erfolgreich sein soll. Dafür müssen alle föderalen Ebenen zusammenarbeiten – vor allem die Kommunen müssen informiert, ertüchtigt und unterstütz werden.
  4. Die OZG-Umsetzung betrifft die gesamte Organisation und wirkt sich auf alle Bereiche aus. Von der Strategie über das User Interface im Portal bis zur Registeranbindung für einzelne Fachverfahren gilt es, die gesamte Verwaltung auf ein zukunftsfähiges E-Government auszurichten.
Artikel von:
Rebecca Blum, Consultant, Cassini Consulting
Rebecca Blum
Senior Consultant
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