Ein zunehmend etablierter Mittelweg ist die „modulare“ Beschaffung. Im produzierenden Gewerbe wird unter Modular Sourcing die Beschaffung von Zwischenerzeugnissen oder „Modulen“ wie bspw. einer kompletten Pumpe im Gegensatz zur Beschaffung und Montage von Einzelteilen verstanden. Angewendet auf Dienstleistungen bedeutete dies, Leistungen bestimmter Disziplinen von verschiedenen Anbietern in Paketen zu beziehen. Für öffentliche Auftraggeber ist es hier von Vorteil, wenn sie sich auf die eigenen Kompetenzen konzentrieren können und ggf. notwendige Ressourcen zukaufen. Durch die Modularisierung ist es möglich, die Anzahl der Dienstleister und damit den Steuerungsaufwand zu reduzieren. Des Weiteren lassen sich der Bezug der Dienstleistung zeitlich eingrenzen und damit Steuermittel effizient einsetzen.
In einem komplexen IT-Projekt werden dem Modell folgend Vergabeberatung, Vertragsberatung, Anforderungsmanagement und Testmanagement sowie Projektmanagementberatung und Controlling nicht separat eingekauft, sondern sinnvoll modularisiert von spezialisierten Dienstleistern bezogen. So können beispielsweise Anforderungs- und Testmanagement geclustert und aus einer Hand bezogen werden. Der spezialisierte Dienstleister kann aus den Anforderungen direkt Testfälle ableiten und muss diese nicht aufwändig an einen Dritten übergeben. Ebenso können Projektmanagement und Projektcontrolling aufgrund der methodischen Artverwandtschaft gekoppelt werden. Dadurch reduzieren sich Schnittstellen, gleichzeitig lassen sich artverwandte Dienstleistungen bei hoher Qualität von geeigneten Spezialisten beziehen.
Somit profitieren öffentliche Auftraggeber von externer Expertise, begeben sich jedoch ggf. in ein Abhängigkeitsverhältnis, wenn das Wissen nicht über geeignete Formate in die Auftraggeber-Organisation übertragen wird – vor allem, wenn der Dienstleister irgendwann ausscheidet. Die notwendigen Kompetenzen fehlen ggf. dauerhaft und die „Fertigungstiefe“ in der Behörde wird reduziert. Abhilfe schaffen hier Wissenstransfer-Formate wie zum Beispiel Coaching, Dokumentation und Lessons Learned etc. Die modulare Beschaffung steigert zudem die Komplexität der fachlichen und kaufmännischen Beschaffungsvorgänge (gegenüber der Einzelquellenbeschaffung). Insofern ist es ratsam, dem Effizienzgewinn bei der Leistungsbereitstellung den erhöhten (Steuerungs-)Aufwand bei der Beschaffung und Umsetzung gegenüberzustellen.
Soll der Steuerungsaufwand weiter reduziert werden, kann ein Generalunternehmer als Klammer für die notwendigen Bedarfsfälle ausgeschrieben und beauftragt werden. Für den Auftraggeber ergeben sich somit die Vorteile aus dem singulären Vertrags- und Kommunikationsverhältnis und der Auslagerung der Koordinations- und Modularisierungsleistungen an den Generalunternehmer. Die Bereitschaft, auf einen Teil der Durchgriffskontrolle auf die Subunternehmer zu verzichten, sollte der Auftraggeber dann jedoch mitbringen. Voraussetzungen für den Erfolg der modularen Beschaffung sind entsprechend stringent formulierte Ausschreibungen oder ein Pool geeigneter Rahmenverträge, aus dem sich katalogartig die gewünschten Leistungen modular kommissionieren lassen.